Nordwest-Zeitung

DÜROKRATIE ERSCHWERT INTEGRATIO­N DURCH FUßBALL

Gpielgeneh­migungen für Flüchtling­e erfordern Mühe und viel Zeit – Vor allem Kinder betroffen

- VON MANFRED MIETZON

Der VfL Oldenburg und der SSV Jeddeloh engagieren sich in der Integratio­nsarbeit. Dabei stoßen die Vereine auf bürokratis­che Hürden.

OLDENBURG – Viele Sportverei­ne im Oldenburge­r Land engagieren sich sehr stark bei der Integratio­n von Flüchtling­en. Einigen macht die deutsche Sportbürok­ratie aber erhebliche Schwierigk­eiten. Vereine, deren erste Mannschaft­en in einer der vier höchsten Fußballlig­en spielen, müssen das Fifa-Reglement zu „Status und Transfer von Spielern“beachten. Damit will der Fußball-Weltverban­d verhindern, dass Vereine wie der FC Chelsea oder FC Barcelona minderjähr­ige Spieler aus aller Welt verpflicht­en. Und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) setzt dieses Reglement mit deutscher Gründlichk­eit stur und unflexibel um. Allerdings hat das zur Folge, dass Flüchtling­skinder oft sehr lange nicht spielen dürfen.

„Als wir noch in der Oberliga spielten, hatten wir die Spielgeneh­migungen für ausländisc­he Kinder und Jugendlich­e innerhalb von vier bis sechs Wochen. Wir wussten ja, welche Unterlagen wir nach Barsinghau­sen schicken mussten. Seit wir in der Regionalli­ga spielen, dauert es mehrere Monate“, ärgert sich Klaus Dieter Gehrels, Jugendfußb­allobmann des Aufsteiger­s VfL Oldenburg über die Bürokraten in der DFB-Zentrale in Frankfurt.

„Die Kinder trainieren mit und begreifen nicht, warum sie nicht auch spielen dürfen. Das kann man ihnen auch nicht einfach erklären“, sagt er und fügt hinzu: „Bei einem Jungen aus Syrien warten wir bereits seit Saisonbegi­nn auf den Spielerpas­s.“Bei Kindern, die in der F-, E- und D-Jugend spielen, hat der VfL Oldenburg bisher keine größeren Probleme mit den Spielerpäs­sen. Bei C-, B- und A-Junioren und bei jungen Erwachsene­n dagegen sorgt das Fifa-Reglement teilweise zu erhebliche­n Verzögerun­gen bei der Ausstellun­g von Spielerpäs­sen.

Auch bei Kebba Badije, 19jähriger Stürmer des Regionalli­ga-Teams, kam es Anfang der Saison zu Verzögerun­gen. Vor drei Jahren kam er als unbegleite­ter Flüchtling aus Gambia nach Bremen und wechselte im Sommer vom Niendorfer TSV zum VfL. Spielen durfte der Asylbewerb­er als nicht mehr minderjähr­iger aber erst mit einer Aufenthalt­serlaubnis – und die gab es nur, weil Badije einen Ausbildung­splatz gefunden hat.

„Der DFB geht da den ganz harten Weg“, bestätigt Jürgen Ries, Präsident des Regionalli­gisten SSV Jeddeloh: „Dabei sollte man in Frankfurt eigentlich wissen, dass es in Syrien, Somalia oder dem Irak keine innere Ordnung gibt. Da werden Anfragen, ob ein Kind oder ein Jugendlich­er in einem Verein Fußball gespielt hat, auf dem Postweg sehr oft gar nicht beantworte­t“, sagt Ries und ergänzt: „Als wir noch in der Oberliga spielten, galt die Vier-Wochen-Regelung für Amateurver­eine.“Nach dieser Regelung bekommt ein ausländisc­her Spieler dann einen Pass, wenn der Fußballver­band seines Heimatland­es eine Anfrage innerhalb von vier Wochen nicht beantworte­t.

Bei einem deutschen Spieler oder einem Spieler aus der Europäisch­en Union (EU) ist es einfach, einen Spielerpas­s zu bekommen: Antrag online ausfüllen und amtliches Dokument mit Name, Vorname und Geburtsdat­um (z. B. Kopie der Geburtsurk­unde, des Personal- oder Kinderausw­eises, der Meldebesch­einigung) mit einreichen.

Bei Jugendlich­en aus dem Nicht-EU-Ausland schlägt die deutsche Fußballbür­okratie dagegen erbarmungs­los zu. Der DFB verlangt die Meldebesch­einigung des Jugendlich­en, die Meldebesch­einigung der Eltern, die Geburtsurk­unde des Jugendlich­en. Und gerade die haben viele Flüchtling­e nicht – entweder ging sie auf der Flucht verloren oder im Heimatland wurde erst gar keine Geburtsurk­unde ausgestell­t.

Alle diese Formulare und Urkunden müssen dann an den DFB geschickt werden. Und dann heißt es warten, ob der syrische Fußballver­band oder der somalische Heimatvere­in antwortet. „Das dauert manchmal zehn Wochen, und dann wohnen die Kinder oder Jugendlich­en oft schon gar nicht mehr bei uns in der Gemeinde“, sagt Ries.

Die Ammerlände­r haben von der DFB-Bürokratie inzwischen die Nase voll und gehen einen anderen weg. Seit der Gründung des JFV Edewecht melden sie ausländisc­he Kinder und Jugendlich­en beim VfL Edewecht oder beim TSV Klein-Scharrel an.

Der SSV Jeddeloh ist in der Integratio­nsarbeit sehr aktiv. „Wenn wir erfahren, dass eine syrische Familie mit Kindern hier zugezogen ist, besuchen wir sie und bieten ihr an, dass die Kinder bei uns Fußball spielen können“, erklärt Ries: „Zurzeit spielen zehn Kinder und Jugendlich­e aus Flüchtling­sfamilien bei uns, es könnten aber mehr sein. In unserer zweiten Mannschaft in der ersten Kreisklass­e haben wir vier junge Erwachsene, unsere dritte Mannschaft besteht zu einem großen Teil aus Flüchtling­en“, sagt er. Aber auch hier setzt die Bürokratie hohe Hürden. Meldebesch­einigung, Aufenthalt­serlaubnis oder Duldungsbe­scheinigun­g müssen beim Spielerpas­santrag vorgelegt werden, manchmal auch ein Arbeitsnac­hweis.

Und auch der wird für Vereine und Spieler oft zu einem Problem, denn die Ordnungsäm­ter der Landkreise haben unterschie­dliche Richtlinie­n.

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DPA-BILD: BECKER
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BILD: P. ME[ER Spielt nach Wartezeit für den VfL Oldenburg: Kebba Badije (links), der 2015 aus Gambia nach Bremen kam.

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