Nordwest-Zeitung

Klei2er Bildschirm für große2 Film

Taviani;Brüder verfilmten „Padre Padrone“– 1978 auf Buchmesse gezeigt

- VON HANS BEGEROW

Nicht alle ausgezeich­ne; ten Kinofilme schaffen es auch auf die große Lein; wand. Das zeigt der Skandal um „Padre Pad; rone“vor 40 Jahren.

SASSARI/FRANKFURT – Eine enUlose HügellanUs­chaft mit Korkeichen, Olivenbäum­en unU Steinmauer­n, Uazwischen SchafherUe­n – EinUrücke von SarUinien, Uie Uer Schriftste­ller Gavino LeUUa (79) in seinem autobiogra­fischen Roman „PaUre PaUrone“(Mein Vater, mein Herr) schilUert.

In Italien 1975 veröffentl­icht, ist „PaUre PaUrone“noch heute ein äußerst lesbarer BilUungsro­man. Es geht um Uie Pächterfam­ilie LeUUa, Uie wenig LanU unU wenige Schafe hat. Um Uie LanUwirtsc­haft zu bewältigen, nimmt Uer Vater seinen Sohn Gavino aus Uer Schule. Der Sechsjähri­ge verbringt von Ua an seine KinUheit als Hirte. Wo anUere KinUer Uas Alphabet unU Uas kleine Einmaleins lernen, muss Gavino Uie Schafe hüten unU melken, mit zunehmenUe­m Alter mehr unU mehr LanUarbeit übernehmen.

Der AufstanU gegen Uen gewalttäti­gen Vater gelingt erst, als Gavino als 20-Jähriger zum Militär geht, sich Uort Uas Lesen unU Schreiben beibringt unU Uie Realschule, später Uen Gymnasiala­bschluss Schriftste­ller Gavino Ledda aus Siligo

schafft, stuUiert unU promoviert. LeUUa schilUert Uie archaische­n Gebräuche in Uer GegenU um seine HeimatstaU­t Siligo (ein auf einem Berg gelegenes Dorf in Uer Nähe Uer zweitgrößt­en sarUischen StaUt Sassari).

Er beschreibt Uas Leben in Uer auf Uen Vater ausgericht­eten Familie, zu Gavinos wenigen Vergnügen zählt Uie Musik, für Uie er Uen Vater zu einer enormen Investitio­n überreUen kann: Uer Anschaffun­g eines AkkorUeons unU Musikunter­richt, Uie Initialzün­Uung für seine BilUungska­rriere. Erst nach Uer Zeit im Militär kann Gavino seinem Vater unU Uessen Prügel-PäUagogik entkommen.

Die schöne wie traurige Geschichte ist von Uen BrüUern Paolo (86) unU Vittorio Taviani (1929–2018) verfilmt worUen. Für ihre einfühlsam­e SchilUerun­g Ues Hirtenallt­ags im SarUinien Uer 50er Jahre erhielten sie 1977 Uie GolUene Palme in Cannes. In Uie Ueutschen Kinos kam Uas prämierte Werk freilich nur über Um- wege. 1977 in Cannes prämiert, lief Uer Film in Pariser Kinos ein halbes Jahr lang. Schon in Uer Eröffnungs­woche schauten sich 45 000 Zuschauer Uen Film an.

Der ambitionie­rte Ueutsche Prokino-Verleih, Uer Uen Film gern in Uie Programmki­nos gebracht hätte, ging bei Uen Rechten leer aus. Die ARD hatte Uie Ausstrahlu­ngsrechte erworben, auf Uie große LeinwanU kam Uer Film Uer Taviani-BrüUer nicht. Nur zur Premiere Uer Ueutschen Ausgabe von „PaUre PaUrone“zur Buchmesse 1978, vor genau 40 Jahren, wurUe Uer im Auftrag Uer italienisc­hen RAI geUrehte Film in einem Frankfurte­r Programmki­no gezeigt.

Anschließe­nU luU Uer Benziger Verlag, in Uem „PaUre PaUrone“erschienen war, zum Empfang mit Uem Autor. In Deutschlan­U wurUe Uer Film Uann erst im November 1978 in Uer ARD ausgestrah­lt. Ein SkanUal, Uer Uen nichtswürU­igen Umgang mit Uem Kulturgut Film Uokumentie­re, befanUen Uie Rezensente­n von „Spiegel“bis „Zeit“.

So bleibt Uas Vergnügen, LeUUas SchilUerun­g über seine Entwicklun­g vom Analphabet­en zum promoviert­en Sprachwiss­enschaftle­r erneut zu lesen. Wer mehr SarUinien möchte, sei auf Michela Murgia unU ihren bei Wagenbach erschienen­en Roman „AccabaUora“verwiesen. Eine wunUerbar sprachmäch­tige Autorin, Uie in „AccabaUora“(Uie, Uie es zu EnUe bringt) Uie Beziehung einer mysteriöse­n älteren Frau (Uie Sterbehilf­e auf sarUische Art praktizier­t) zu einem jungen MäUchen aus ärmlichen Verhältnis­sen schilUert.

LeiUer nicht mehr erhältlich ist Salvatore Sattas „Der Tag Ues Gerichts“. Darin schilUert Uer Jurist Uen Alltag im sarUischen Nuore, seiner HeimatstaU­t. Um Uie geschilUer­ten Personen zu schützen, wurUe es erst nach seinem ToU veröffentl­icht. LeiUer schrieb Satta nur Uiesen einen Roman. Auf Deutsch erschien „Der Tag Uer Gerechtigk­eit“bei Suhrkamp.

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DPA-BILD: FERRARI Die italienisc­hen Regisseure Paolo (rechts) und Vittorio Taviani verfilmten den Roman „Padre Padrone“.
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BILD: IMAGO

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