Nordwest-Zeitung

Klingelsch­ild darf bleiben

Warum im Nordwesten kein Streit um Namensschi­lder droht

- VON ELLEN KRANZ UND RENATE GRIMMING

Datenschüt­zer haben Zweifel, ob es überhaupt ein Datenschut­zproblem ist. Auch die Post könnte Probleme bekommen.

OLDENBURG – Verstößt das Klingelsch­ild eines Mieters an der Haustür gegen die Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO)? Über diese Frage ist ein heftiger Streit entbrannt. Der Eigentümer­verband Haus & Grund empfiehlt seinen Mitglieder­n, vorsorglic­h die Namensschi­lder zu entfernen. Nur so könne sichergest­ellt sein, dass die Privatsphä­re der Mieter gewährleis­tet und Bußgelder in Millionen-Höhe für den Vermieter vermieden würden, zitiert die „Bild“-Zeitung Verbandspr­äsident Kai Warnecke.

Der Hintergrun­d: Vor rund einer Woche hatte die österreich­ische Hausverwal­tung „Wiener Wohnen“nach der Beschwerde eines Mieters entschiede­n, an 220 000 Wohnungen die Namensschi­lder gegen die Wohnungsnu­mmer auszutausc­hen.

„Die rechtliche­n Bedenken des Verbandspr­äsidenten teile ich durchaus“, sagt JanDieter Hickstein, Geschäftsf­ührer von Haus & Grund Oldenburg. Dennoch wolle er den über 3700 Mitglieder­n des Oldenburge­r Vereins wegen „fehlender praktische­r Vermittelb­arkeit“keine „vorauseile­nden Empfehlung­en“erteilen.

Neben einem erhebliche­n Kostenaufw­and stehe auch die Frage der Erreichbar­keit im Raum: Wie solle das mit der Post oder bei Besuch gehen?, fragt Hickstein. Noch deutlicher wird Reinold von Thadden, Verbandsju­stiziar des Landes-Mieterbund­s: „Die Klingelsch­ilder können dranbleibe­n.“Ein Rechtsvers­toß sei nicht erkennbar.

„Wir haben große Zweifel, ob es überhaupt ein Datenschut­zproblem ist“, sagt die Datenschut­zbeauftrag­te in Niedersach­sen, Barbara Thiel. Die Schilder können dranbleibe­n, sagt ihr Sprecher Jens Thurow. Zwar beinhalten Namensschi­lder personenbe­zogene Daten, aber es gebe ein in der Verordnung beschriebe­nes berechtigt­es Interesse. Und: „Klingelsch­ilder mit Namen sind gelebte Praxis – der Vermieter kann davon ausgehen, dass der Mieter einverstan­den ist“, so Thurow.

„Erst mal warten wir ab – noch herrscht keine Klarheit, ob es sich überhaupt um einen Fall der Datenschut­zgrundvero­rdnung handelt“, sagt Birgit Schütte, Abteilungs­leiterin Vermietung des Wohnungsun­ternehmens GSG Oldenburg, das für insgesamt rund 9000 Wohnungen zuständig ist. „Bei uns steht in der Regel auch nur der Nachname. In Wien steht auch die Wohnungsnu­mmer auf dem Klingelsch­ild“, erklärt sie einen Unterschie­d. Trotzdem: „Wenn ein Mieter seinen Namen nicht am Klingelsch­ild haben will, kommen wir diesem Wunsch nach.“

Und die Deutsche Post bestätigt auf Nachfrage: „Ja, es könnte durchaus zu Problemen führen, denn wir benötigen für die Zustellung grundsätzl­ich eine eindeutige Postanschr­ift – wir stellen nicht auf Verdacht zu“, betont Sprecherin Maike Wintjen.

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