Zu Unrecht im Schatten der Batterie
Warum die Brennstoffzelle in puncto Elektromobilität effizienter ist
Autorin dieses Beitrages ist Sabrina Wendt. Die 34-Jährige ist Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion dieser Zeitung. @Die Autorin erreichen Sie unter Wendt@infoautor.de
Brennstoffzellen gelten als eine der Schlüsseltechnologien für zukunftsfähige Energiesysteme – etwa zur Stromversorgung von Elektrofahrzeugen. Obwohl die Brennstoffzelle gegenüber batteriebetriebenen Fahrzeugen viele Vorteile hat, fristet Wasserstoff als Energieträger gegenüber der Batterie nach wie vor ein Schattendasein – allerdings zu Unrecht. Denn beim Blick auf die Ökobilanz einer handelsüblichen Lithium-Ionen-Batterie, die gewöhnlich in Elektrofahrzeugen zum Einsatz kommt, wird schnell klar, dass Fahren mit Strom nicht so sauber ist, wie oftmals beworben wird.
Nehmen wir als Beispiel das Model S von Tesla – ein Fahrzeug, das zur Oberklasse zählt. Eine schwedische Studie aus dem vergangenen Jahr besagt, dass Elektroautos mit einer vergleichbaren Größe zum Model S und einer entsprechend etwa gleichgroßen Batterie bei einer durchschnittlichen jährlichen Kilometerfahrleistung rund acht Jahre lang gefahren werden müssen, um eine positive Ökobilanz aufzuweisen.
Die Autoren der Studie schreiben, dass allein bei der Herstellung pro Kilowattstunde (kWh) Speicherkapazität rund 150 bis 200 Kilo Kohlendioxid-Äquivalente entstehen. Beim Tesla Model S (85 kWh) seien das rund 17 Tonnen CO2. Vergleicht man diesen Wert mit dem jährlichen Pro-Kopf-Ausstoß in Deutschland von rund zehn Tonnen, ist das sehr viel.
Zum Vergleich: Ein Benziner könne laut der Studie bei durchschnittlichem Gebrauch (circa 12500 Kilometer im Jahr) etwa acht Jahre lang gefahren werden, bevor er die Umwelt so stark belastet, wie die Akkuproduktion für ein Model S. Selbst bei kleineren Elektrofahrzeugen wie dem Nissan Leaf wären es laut der Studie noch etwa drei Jahre. Der Stromverbrauch beim Fahren wurde bis dato noch nicht mit eingerechnet. Generell wird davon ausgegangen, dass ein Elektrofahrzeug mit Batterie erst nach circa 100 000 Kilometern eine positive Ökobilanz aufweist.
Die Forscher plädieren daher für kleinere Batterien, bei deren Produktion nicht so viele Schadstoffe entstehen. Das allerdings steht im Widerspruch zum Wunsch, Elektrofahrzeuge mit möglichst grostoff ßer Reichweite zu bauen, die größere Batterien benötigen.
Kritiker der Studie merken zwar an, dass ein großer Tesla immer noch sauberer sei, als beispielsweise ein Kleinwagen wie der Ford Fiesta mit Verbrennungsmotor, allerdings klammern sie die Produktion der Batterien aus und beziehen sich nur auf die Fahrleistung. Ihr Ergebnis: Für 100 Kilometer benötigt ein Kleinwagen rund 50 Kilowattstunden Energie, die im Benzin enthalten ist. Der Elektromotor dosiere die Kraft aber gezielter, daher benötige ein Tesla Model
X beispielsweise nur circa 25 Kilowattstunden für dieselbe Strecke. Das auch deswegen, weil der Motor beim Bremsvorgang als Generator arbeitet, um Energie zurückzugewinnen. Diese sogenannte Energierückkopplung kommt auch in Fahrzeugen mit Brennstoffzelle zum Einsatz. Für das Zwischenspeichern der Energie benötigen sie daher ebenfalls eine kleine Batterie.
Beim Fahrzeugbetrieb fällt auf, dass der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung im ersten Halbjahr 2018 nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft in Deutschland zwar erstmals vor der Braun- und Steinkohle liegt. Allerdings werden die Batterien meist im Ausland produziert, wo Kohle nach wie vor der wichtigste Stromlieferant ist.
Aber auch hierzulande ist es grotesk, wenn einerseits vom Klimaschutz die Rede ist, auf der anderen Seite aber Wälder abgeholzt werden sollen, um den Weg für den Kohleabbau frei zu machen – siehe Hambacher Forst.
Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist der Rohstoffbedarf. Stellen wir uns vor, dass künftig jeder ein Elektroauto mit Batterie fährt. Für die Produktion der Lithium-Ionen-Akkus werden sowohl Lithium als auch Kobalt benötigt. Ihr Vorkommen ist allerdings begrenzt, die Preise steigen. Es könnte langfristig zu einem Kampf um Rohstoffe und Abhängigkeit kommen, daher forschen unter anderem Panasonic und Tesla an Elektroauto-Batterien ohne Kobalt. Aber auch die Entsorgung ausgedienter Batterien will gut überlegt sein.
Noch sind die meisten Stromnetze nicht auf das gleichzeitige Laden von zig Millionen Elektrofahrzeuge ausgelegt. Hier muss erst die nötige Infrastruktur und Speicherung überschüssiger Energie vorangetrieben werden.
Nun kommt die Brennstoffzelle ins Spiel. Ihre Reichweiten sind mit denen von Verbrennern vergleichbar. Sie können außerdem innerhalb weniger Minuten betankt werden – ein großer Vorteil gegenüber Batterien.
Hinzu kommt, dass Wasserstoff – je nachdem, wie er erzeugt wird – ein sehr sauberer Kraftstoff ist. Mit Methan oder methanhaltigen Brennstoffen wie Bio-, Gruben- oder Erdgas wird zwar Kohlendioxid abgegeben – allerdings erheblich weniger als bei der konventionellen Stromerzeugung. Zurzeit wird Wasser- meistens mithilfe von Erdgas gewonnen. Er kann unter anderem durch Elektrolyse erzeugt werden. Der Nordwesten ist dafür mit seinen Kavernen und der Infrastruktur gut ausgestattet.
Allerdings hat Wasserstoff auch Nachteile. Obwohl das Tankstellen-Netz stetig ausgebaut wird – Mitte kommenden Jahres soll die erste Wasserstofftankstelle in Oldenburg eröffnet werden – mangelt es an der Infrastruktur. Stromer haben hier einen leichten Vorteil, da das Netz bereits stärker ausgebaut ist. Hinzu kommen der relativ hohe Platzbedarf von Wasserstoff-Tanks sowie die teils aufwendige Versorgung der Tankstellen mit dem Rohstoff. Außerdem muss der Tank aus Sicherheitsgründen alle fünf Jahre überprüft werden.
Obwohl die Brennstoffzelle prinzipiell einfach aufgebaut ist, ist es eine Herausforderung, Materialien zu finden, die die richtigen Eigenschaften haben, um Brennstoff und Sauerstoff in nützliche Elektrizität umzuwandeln. Hat man diese Materialien gefunden, müssen sie in die erforderliche robuste Form gebracht werden, damit sie eine möglichst lange Lebensdauer haben. Ein junges Forscherteam der Uni Oldenburg arbeitet bereits seit Jahren daran, Brennstoffzellen effizienter, leistungsstärker und kostengünstiger zu machen.
■ FAZIT
Beide Technologien haben ihre Daseinsberechtigung. Vor allem für Nutzfahrzeuge ist die Brennstoffzelle ideal. Kurze Tankzeiten, moderate Kosten (beim Tanken vergleichbar mit Dieselpreisen) und recht große Reichweiten machen diese Technologie attraktiv. Umso erfreulicher ist es, dass auch deutsche Automobilhersteller die Brennstoffzelle verstärkt in ihre Fahrzeugpalette mit aufnehmen möchten. Das ist auch dringend nötig, denn Asien ist hier bereits stark auf dem Markt. Die Batterie dürfte ihre Stärken auf Kurzstrecken ausspielen. Für den Stadtverkehr reichen meist kleinere Fahrzeuge, auch das Tankstellennetz ist dichter. Bei den Anschaffungskosten sind beide Varianten meist noch deutlich teurer als vergleichbare Verbrenner. Das dürfte sich mit steigender Nachfrage aber relativ schnell ändern.