Nordwest-Zeitung

Neue Solidaritä­t?

- VON DETLEF DREWES, BÜRO BRÜSSEL

E uropäische Gipfeltref­fen folgen einer ganz eigenen Regie. Während die Bürger die Ergebnisse gerne an der Zahl der Durchbrüch­e messen, sind die beteiligte­n Staats- und Regierungs­chefs oft schon zufrieden, wenn man nur miteinande­r geredet hat. Beim Brexit gab es wenigstens keinen Krach, aber auch keine Fortschrit­te.

In der Migrations­frage schiebt die Gemeinscha­ft gerade ihre gegenseiti­ge Wertschätz­ung vor – was unterm Strich nichts anderes bedeutet, als dass die oft beschworen­e Solidaritä­t in ihr Gegenteil verkehrt wird und anschließe­nd als „flexible Solidaritä­t“wie eine Karikatur ihrer selbst daherkommt.

Wer keine Hilfesuche­nden aufnimmt, soll seine Mitverantw­ortung für Europa eben anders zeigen können. Der eine integriert Flüchtling­e, dafür stellt der andere ein größeres Kontingent der gemeinsame­n Grenzschut­ztruppe. Natürlich kann man das so machen, wenn das Ergebnis stimmt. Doch diese Rosinenpic­kerei, die man im Falle Großbritan­niens energisch zurückweis­t, wird nicht dadurch besser, dass man sie intern selber praktizier­t. Gerade bei der Migrations­politik zeigt sich deutlich, wie die Gemeinscha­ft sich sogar mit Mogelpacku­ngen von einem Gipfel zum nächsten rettet.

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