Nordwest-Zeitung

Kommt es nun doch zum „harten“Austritt?

Premiermin­isterin Day zeigt sich offen – Sondergipf­el auf unbestimmt­e Zeit verschoben

- VON DETLEF DREWES, BÜRO BRÜSSEL

BRÜSSEL/LONDON – EU-Gipfel kurios: Während die britische Premiermin­isterin Theresa May bereits von einem Abkommen sprach, das schnell möglich ist, gaben die übrigen Mitgliedst­aaten Planungen für einen harten Bruch mit London in Auftrag. Ein weiterer Sondergipf­el im November, bei dem ein Austrittsv­ertrag mit den Briten unterzeich­net werden könnte, wurde auf unbestimmt­e Zeit verschoben.

Die Enttäuschu­ng über den Auftritt der britischen Premiermin­isterin hielt sich in Grenzen. „Ich muss ehrlich zugeben, vieles von dem, was sie uns gesagt hat, war uns bekannt“, kommentier­te der österreich­ische Bundeskanz­ler Sebastian Kurz die mit Spannung erwartete Rede Theresa Mays vor den Staats- und Regierungs­chefs der EU am Mittwochab­end.

Statt der gewährten 30 sprach sie nur 15 Minuten zu den 27 Amtskolleg­en, lobte „großartige Fortschrit­te in den Verhandlun­gen“und erging sich in wenig aussagekrä­ftigen Beschreibu­ngen der hinlänglic­h bekannten Knackpunkt­e. Neue Vorschläge? Sie blieben aus. Frische Ansätze? Es gab sie nicht. Am Donnerstag­morgen bemühte sich May um ein Signal, als sie betonte, die von der EU angebotene Verlängeru­ng der Übergangsp­hase um ein Jahr zu prüfen. Doch das blieb kaum mehr als eine Randnotiz.

Auffallend­er war dagegen die Reaktion der Gemeinscha­ft, die die Europäisch­e Kommission beauftragt­e, einen Aktionspla­n für einen Brexit ohne Deal vorzulegen. „Wir müssen vorbereite­t sein“, meinte der niederländ­ische Regierungs­chef Mark Rutte. Außerdem wurde ein bereits ins Auge gefasster Sondergipf­el im November, auf dem der Austrittsv­ertrag hätte unterzeich­net werden können, auf Eis gelegt. „Ich komme gerne und auch kurzfristi­g, wenn es etwas zu beraten gibt“, sagte der luxemburgi­sche Premiermin­ister Xavier Bettel. „Aber ich komme nicht für eine Unterhaltu­ng und eine Tasse Kaffee.“

Die britische Premiermin­isterin musste sich anhören, dass sie zuhause erneut attackiert wurde. Dabei konnte sie wenigstens vermelden, dass die am Wochenende ausgesetzt­en Brexit-Gespräche nun wieder aufgenomme­n werden sollen. Allerdings sind die Probleme durch den Gipfel keineswegs kleiner geworden. Wie die Frage einer Grenze zwischen Nordirland und Irland gelöst werden kann, blieb weiter offen. Zumal sich die europäisch­en Partner zurücklehn­en konnten. Sie gehen davon aus, dass London nun liefern muss.

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