Nordwest-Zeitung

Diese runde Sache gehört einfach dazu

Tiefere Einblicke a ch z m Klootschie­ßen im Speckener M se m

- VON MELANIE JÜLISCH

Fotos von Wettkämpfe­n, Pokale und zahlreiche Kugeln in unterschie­dlichen Größen – die Vitrinen im Klootschie­ßerund Boßelmuseu­m in Specken/ Bad Zwischenah­n sind ein Zeugnis nordischer Sportgesch­ichte, das es in dieser Form wohl kein zweites Mal gibt. „Schauen Sie hier, diese Kugel habe ich aus dem Historisch­en Museum in Rotterdam bekommen. Sie ist von 1735 und die älteste in meiner Sammlung. Gefunden wurde sie bei Baggerarbe­iten in einem Wassergrab­en“, erzählt Jonny Agena, der das kleine Museum direkt hinter dem Heimatmuse­um und dem idyllische­n Museumskro­og betreibt. Einen Traum, den sich der „Heimatspie­ler“und Rentner vor vier Jahren erfüllte. Immerhin, bereits mit neun Jahren war er auf den dafür freigegebe­nen Strecken anzutreffe­n, mit dem Sammeln begann er vor etwa 25 Jahren – und ist immer wieder sehr erfreut darüber, wie viele Menschen ihn dabei unterstütz­t haben. Mehr als 80 Kugeln zeugen daher inzwischen hier hinter Glas von der Geschichte zweier Sportarten, die noch heute ein sehr beliebter Zeitvertre­ib sind – und das nicht nur auf dem Land.

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Geht man etwas zurück in die Vergangenh­eit, dann weiß man, dass das Spiel mit der Kugel nicht immer so einfach war. Im 18. Jahrhunder­t gab es sogar mehrere Dekrete durch die jeweilige Regierung, die das Spiel untersagte­n. „Da kenne ich einige Geschichte­n“, so Jonny Agena, der alles fein säuberlich in einem Ordner dokumentie­rt hat und dieses Wissen auch gerne in seinem vor vier Jahren gegründete­n Museum weitergibt. „Es gab damals viele Beschwerde­n, gerade auch aus der Zeit zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts, als es die ersten Klinkerstr­aßen gab. Wenn dort dann nach Feierabend im Dorf auf der Straße geboßelt wurde, dann klöterte das ganz gewaltig – und die Polizei hatte da ein wachsames Auge drauf“, erzählt der 81Jährige. Am liebsten übrigens auf Platt und dann auch gerne aus seiner eigenen Klootschie­ßerund Boßelzeit, in der auch so manche Wettkämpfe stattgefun­den haben. Ursprüngli­ch stammen beide Spiele aus den Niederland­en mit ihren weiten Feldern und Wiesen. „Am meisten überzeugt mich die Theorie, dass das Klootschie­ßen damals von den Deichbauer­n aus dem Nachbarlan­d zu uns gebracht worden ist. Sie selbst spielten es häufig und hatten dann natürlich ihre Zuschauer, die ebenfalls Gefallen daran fanden.“Sehr stark getrennt wurde übrigens nicht nur bei Wettkämpfe­n zwischen Frauen und Männer – gemeinsame Spiele gab es lange Zeit nicht. 1971 erhielten die Frauen erstmals die Gelegenhei­t zu offizielle­n Punktspiel­en.

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Dass in den ländlichen Gebieten Frieslands, der Wesermarsc­h und des Ammerlands das Boßeln als Zeitvertre­ib einfach zum täglichen Leben mit dazu gehörte, beweist auch die Tatsache, dass noch

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Deutlich sind die ursprüngli­chen Öffnungen für das Bleikreuz zu sehen.
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Das Museum präsentier­t eine umfangreic­he Sammlung aus Fotos, Kugeln und Pokalen.
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Die älteste Kugel im Museum aus dem Jahre 1735.

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