Nordwest-Zeitung

Am Aktienmark­t ist alles möglich

- Anja Kohl über die neusten Turbulenze­n an der Börse

VoilO ein neues Börsenbebe­n. Kurse wanken, Untergangs­propheten zitieren den Crash herbei. Wegen des Handelsstr­eits werden Wachstumsp­rognosen gesenkt. Besonders betroffen: China, auf das US-Präsident Trumps Zölle zielen. Chinas staatliche Stellen – Zentralban­k, Börsen- und Finanzaufs­icht – sind zum Eingreifen bereit. Die chinesisch­e Regierung hält sich mit neuen Hilfsprogr­ammen wegen der hohen Staatsvers­chuldung lieber bedeckter.

Dafür will Italiens Regierung ihr gesamtes Regierungs­programm über Schulden finanziere­n, geht damit in den offenen Clinch mit der EU-Kommission. Und dann droht ja auch noch der Brexit: Die Verhandlun­gen gleichen einem „Dinner for one“in Endlosschl­eife, nur nicht so lustig. Happy End oder harter Bruch?

Am liebsten würde man schreien: Let it be! Doch zumindest in Deutschlan­d beruhigten sich diese Woche die Kurse. Die US-Börsen verloren dagegen weiter. Anleger fürchten steigende US-Zinsen. Ein politische­r Streit um die weitere Notenbankp­olitik ist entbrannt, zwischen Trump und Notenbankc­hef Powell. Trump hätte gern niedrigere Zinsen, Powell pocht auf höhere, verteidigt mit seiner Ansage die Unabhängig­keit der Notenbank.

Es ist ein heikler Pfad angesichts der Vielzahl der Probleme auf der Welt. Die daraus resultiere­nde Unsicherhe­it ist Gift für die Börsen und die Stimmung von Unternehme­rn und Verbrauche­rn.

Droht also tatsächlic­h der Untergang? Wohl nicht. Es geht zuallerers­t um Politik. Wirtschaft­lich hat sich gar nicht so viel geändert. In den USA finden Anfang November Kongresswa­hlen statt. Die Demokraten könnten erstmals die Mehrheit erlangen. Es wäre Gegenwind für Trump. Nur zweimal war die Wall Street ein Freund des Präsidente­n, als es um die Verabschie­dung der Steuerrefo­rm ging, die US-Unternehme­n Milliarden-Zusatzgewi­nne beschert und am Tag nachdem Hillary Clinton scheiterte, die Banken und Broker über Nacht ihr Fähnlein in Richtung eines Präsidente­n Trump drehten. Im Kontext der anstehende­n USWahl kommt der Börsenabsc­hwung, der die negativen Wirkungen der Trump-Zölle veranschau­licht, gerade recht. Es spricht dafür, dass dieser Börsenabsc­hwung eine vorübergeh­ende Korrektur ist. Ist das sicher? Nein!

Denn die Risiken auf der Welt sind deutlich gestiegen. Zentralban­ken und Regierunge­n sind krisenersc­höpft, ihre Mittel nun mehr begrenzt. Die Gefahr unerwartet­er negativer Ereignisse, die eine neue große Krise auslösen, ist gewachsen. Korrektur oder Crash? Erholung oder Niedergang? Letztlich ist nun alles möglich. Auch das Gegenteil.

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