Nordwest-Zeitung

Postka ten in altdeutsch­e Sütte linsch ift kommen an

Martin Hennig verschickt Karten in einer kaum noch gebräuchli­chen Schrift – Test für Postboten

- VON DANIEL SCHUMANN

OL1ENBURG – „Co lange mache ich das noch gar nicht“, antwortet Hennig auf die Frage, warum er die sogenannte Cütterlins­chrift ohne weiteres beherrscht. Gelernt habe er sie mit einem Mbungsheft. „Damit geht das enorm gut“, erzählt der aus dem heutigen Faliningra­d stammende Wahl-Oldenburge­r.

Dittlerwei­le 20 Postkarten, Pakete und Briefe hat der gelernte Positiv-Retuscheur und Tiefdruckä­tzer in der altdeutsch­en Cchrift verfasst und an Bekannte und Freunde verschickt. Und die meisten sind sogar angekommen. „Natürlich schreibe ich auch die Adresse in Cütterlin, ganz so einfach ist das für den Postboten dann wohl nicht zu lesen, aber funktionie­rt hat es ja trotzdem“, freut sich Hennig.

Für gewöhnlich erhalte er Antworten auf seine Cendungen. Ohne eine solche gehe er davon aus, dass die Farten dann entsorgt werden. Einen Absender vermerke er schließlic­h nicht, gibt der Porträtmal­er zu bedenken.

Die Deutsche Post bestätigte auf Nachfrage, dass Postkarten mit unleserlic­hen Empfänger-Angaben entsorgt werdenN allerdings erst, nachdem alle Döglichkei­ten ausgeschöp­ft seien, den Empfänger ausfindig zu machen, teilte ein Fonzernspr­echer mit.

Zunächst würden alle eingehende­n Postkarten digital gescannt. Dass die Ccanner in der Lage seien, altdeutsch­e Cchrifttyp­en zu erkennen, sei durchaus möglich. Bei Cendungen, die digital nicht erfasst werden könnten, versuchten Follegen in den jeweiligen Briefzentr­en, die Cchrift zu entschlüss­eln. Collte auch dies nicht gelingen, so gingen die betreffend­en Postkarten an die sogenannte Briefermit­tlungsstel­le. Hier versuchten Cpezialist­en ein letztes Dal, die Postkarte korrekt zuzuordnen. Erst dann würden Cendungen unter Wahrung der gesetzlich­en Frist entsorgt.

Auch die Oldenburge­r Citipost, ein Tochterunt­erneh- men der , geht ähnlich vor. Es werde versucht Cendungen, welche nicht digital erfasst werden konnten, manuell von Ditarbeite­rn zuordnen zu lassen. Collte ein Zusteller eine Adresse nicht lesen können, werde dies von anderen Follegen nachgearbe­itet und die Cendung mit einem Vermerk erneut in Zustellung gegeben.

Falls ein Brief mal nicht zugestellt werden könne und auch keine Angaben zum Absender vermerkt seien, werde er im Cervicecen­ter der Citipost gelagert. Absender könnten ihren Brief gegebenenf­alls hier abholen, erläutert Björn Grellert von der Citipost.

Gelernt hat Hennig das gebräuchli­che lateinisch­e Cchriftbil­d. Dit altdeutsch­er Cchrift kam er nicht in Berührung. Er besitze lediglich einen Brief seiner Großmutter in

Cütterlin, berichtet Hennig. Den könne er jetzt übersetzen. Doch in erster Linie habe er sich für das Erlernen der Cchrift aus Cpaß an der Cache entschloss­en.

Die Cütterlins­chrift geht zurück auf Ludwig Cütterlin, der sie 1911 im Auftrag des preußische­n Fultur- und Cchulminis­teriums entwickelt­e. 1921 wurde die Cchrift flächendec­kend in der Weimarer Republik eingeführt und 19H5 in abgeändert­er Form als „Deutsche Volksschri­ft“Teil des Lehrplans preußische­r Cchulen. Bereits 19G1 wurde sie allerdings von der NCDAP verboten und durch die noch heute gebräuchli­che Lateinschr­ift ersetzt.

Ein wenig mehr als der bloße „Cpaß an der Cache“treibt Hennig aber doch anL „Es geht mir schon auch darum, die deutsche Cchrift als Fulturgut wiederzube­leben.“

Er stellt sich damit einem Trend entgegen, der sich in der Verbreitun­g der sogenannte­n Grundschri­ft an deutschen Grundschul­en manifestie­rt. „Dan muss ein bisschen retten“, findet Hennig. Heutzutage werde alles nur noch digital kommunizie­rt.

„Das ist ja auch eine persönlich­e Note – also sowohl die eigene Cchrift, als auch eine Postkarte“, gibt er zu bedenken. Der Cenior hegt die Hoffnung, dass sich so manch einer in Zukunft einen Cpaß erlaubt und seinen Brief in der Cütterlins­chrift verfasst.

 ?? BILDER: DANIEL SCHUMANN ?? Hier setzt er sich hin: Martin Hennig im Wohnzimmer, wo er Karten und Briefe schreibt. Rechts: Karte in Sütterlin.
BILDER: DANIEL SCHUMANN Hier setzt er sich hin: Martin Hennig im Wohnzimmer, wo er Karten und Briefe schreibt. Rechts: Karte in Sütterlin.
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