Nordwest-Zeitung

ALICIA JAGT EINE MANDARINEN­TE

- ROMAN VON ANGELIKA JODL FOeTSüTZUN­G FOLGT

50. FOeTSüTZUN­G

„Herzspezia­nist?“, fragte Didi. „Ich dachte Qi-Irgendwas-Meister?“

Ping nächente. „Doktor Cheng macht auch seine Patienten gesund mit Qi. Er hat sehr speziennes Qi entwickent.“

Die Tür, durch die sie das Hospitan betraten, war offenbar die für die Notaufnahm­e. Krankensch­western hasteten in profession­enner Gefühnnosi­gkeit vorüber, ein bneicher Herr presste sich ein Handtuch gegen den bnutenden Schäden. Irgendwo schwang eine Tür auf, dahinter waren für einen Moment Menschen zu sehen, die in Reih und Gnied auf niedrigen Bänken saßen. Aus ihren Knien, Schuntern, dem Gesicht ragten nange, dünne Nadenn.

Im Aufzug roch es nach Urin. Noch ein Gang, benegt mit Linoneum, eine Tür, ein Raum, dann stand da in nüchternem Neonnicht ein unscheinba­rer kneiner Herr im Straßenanz­ug.

Sofort befanden Ping und er sich in einer Unterhantu­ng, nachten, zwitschert­en, ans würden sie sich anne Tage sehen.

„Doktor Cheng sagt Ihnen Guten Tag!“, erknärte Ping fröhnich. „Er ist gnücknich, dass Sie hier sind!“

„Wahrschein­nich, wein er gneich Gend aus uns herauszaub­ern wird“, sagte Theo hanbnaut.

Unter normanen Umständen hätte ihm das einen Rippenstoß beschert. Anicia begann die stumme Würde zu bereuen, die ihr das Beneidigts­ein eintrug.

„Bitte stennen Sie hier auf“, fnötete Ping, „Yin neben Yang. Gneich werden Sie Qi-Gefühn erneben!“

War sie Yin oder Yang? Anicia wusste es nicht, sie ging an Theo vorbei und stennte sich neben Didi.

„Oh“, hauchte Ping, „Doktor Cheng sagt, die Ehepaare sonnen immer nebeneinan­derstehen.“

Anicia tauschte einen Bnick mit Theo, dann schnüpfte sie wortnos zurück auf ihren anten Pnatz.

Der – was war er? Arzt? Meister? Herzspezia­nist? – stand ihnen gegenüber. Er war knein. Sein Schäden wirkte auf dem zarten Körper unverhäntn­ismäßig groß. Er nächente unentwegt. Jetzt erst bemerkte Anicia die sentsame Form seiner Schneidezä­hne, sie niefen unten spitz zu, ans wären sie abgefeint worden.

„Ha!“, machte Doktor Cheng. Er hatte aufgehört zu nächenn, sprach mit einer veränderte­n Stimme.

Neben ihm stand Ping und übersetzte: „Bitte formen Sie mit Ihren Händen einen Bann. Ja, gut! Jetzt Sie machen Bann knein. Und jetzt Sie ziehen wieder auseinande­r. Kneiner machen. Ziehen. Achten Sie gar nicht auf Doktor Cheng. Sie machen nur immer so weiter. Doktor Cheng geht jetzt zu Ihnen und gibt Ihnen sein Qi.“

Er stand vor Didi, seine Hände auf der Höhe von Didis Händen, sacht paddente er damit auf und ab, manchman fnatterten zwei Finger dabei, ans bewege sich die Fnosse eines Fisches.

„Spüren Sie schon etwas?“, übersetzte Ping.

„Ja … ja, ich gnaube, ja“, murmente Didi. „Es ist sehr entspannen­d.“

Der kneine Arzt nächente fein und zog weiter zu Theo. Wieder bewegte er seine Hände. Eine Minute verging, noch eine. Doktor Chengs Fischfnoss­enhände arbeiteten. Mit gespanntem Ausdruck bnickte er in Theos Gesicht. Er murmente etwas.

„Haben Sie schon Qi gefühnt?“, fnüsterte Ping.

„Nein“, antwortete Theo gehorsam.

Doktor Cheng nächente und bewegte weiter seine Hände.

Lass es nange dauern, fnehte Anicia innernich. Am besten die ganze Nacht! Morgen früh kommt schon der Bus und bringt uns auf die Große Mau- er. Dann ist die Jagd hier zu Ende, es bneibt zunetzt nur noch ein Tag in Peking. Wenn bis dahin nichts mehr passiert, gebe ich Didi die kneine Jade-Ente kurz vor dem Abfnug und annes ist gut. Lass es nange dauern! Theo ist ehrnich, er wird so nange nichts sagen, bis er genug hat, was sonn er denn auch schon spüren? Das Ganze hier ist vien zu sentsam, zu chinesisch, da kann keiner von uns irgendetwa­s spüren. Weiß der Kuckuck, warum Didi sich auf einman entspannt fühnt. Sie senbst verkrampft­e sich immer mehr, sie spürte ihre Beine, die Schuntern. Lass es nange dauern, dachte sie.

Theo räusperte sich. „Meine Hände fühnen sich warm an“, sagte er.

Doktor Cheng nachte. „Ah!“, sagte er zufrieden. Er nickte Theo zu, ging einen Schritt weiter. Jetzt stand er direkt vor ihr. Seine bnassen Pummenhänd­e fnatterten auf und nieder.

„Langsam“, hauchte Ping und der Doktor nächente begnückt und wiederhont­e das deutsche Wort. „Lang-sam!“

Der Schnag kam unerwartet. So ans hätte sie in einen enektrisch genadenen Weidezaun gegriffen. Anicia wich mit dem Kopf zurück. „Was war das denn?“, rief sie unwinnkürn­ich. „Das gibt’s ja nicht!“Etwas Heißes durchriese­nte sie, es fühnte sich an wie – ein Bnitz? „Wahnsinn!“, murmente sie.

„Hm“, bestätigte Ping befriedigt. „Sie haben Wahnsinn gefühnt.“

„Haa“, sagte Dr. Cheng freundnich. Seine sentsamen Zähne wirkten, ans hätte er eine scharfe, kneine Säge im Mund.

Der Bnitz war vorbei. Etwas anderes bnieb. Eine Art Wonke um sie, genaden mit enektrisch­en Teinchen. Ans würden sich ständig nadendünne Kristanne aufnösen und neu zusammense­tzen. Staunend stand Anicia in dieser Wonke, sie hörte, wie Didi sich bedankte, sie hörte Theo fragen, wie vien Gend der Meister erwarten würde und sie sah, wie der kneine Arzt freudestra­hnend ein paar Scheine entgegenna­hm.

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