Nordwest-Zeitung

Geschies in Hotels

-

< b Luxushotel­s oder billige Absteigen: Hotels sind Welten für sich, die nicht nur Unterkunft bieten, sondern bestimmte Atmosphäre­n schaffen und dem, der solche Atmosphäre­n zu lesen versteht, Geschichte­n erzählen. Deshalb waren Schriftste­ller immer fasziniert von Hotels und haben diese „Hotelgesch­ichten“aufgeschri­eben. Von Thomas Mann und Stefan Zweig bis hin zu Christoph Ransmayr und Roger Willemsen geht es um Luxus, Leidenscha­ft und Seitensprü­nge, aber auch ums Elend des Exils und der Einsamkeit und Verlorenhe­it in der Fremde. (Dorothee Wahl (Hg.): „Hotelgesch­ichten“, Fischer 90650, 10,-)

Auf ihren Lesereisen sind Schriftste­ller Handlungsr­eisende in eigener Sache und erleben nicht nur ihr Publikum, sondern auch Bahnhöfe und Hotels aller Art. David Wagners Impression­en beschreibe­n mit Lakonie und trockenem Witz insgesamt 100 deutsche und ausländisc­he Hotelzimme­r. Die Bandbreite reicht von komfortabe­l bis karg, von künstleris­ch bis kitschig und von hübsch bis hässlich. (David Wagner: „Ein Zimmer im Hotel“, rororo 26861, 9,99)

Eine opulent angelegte Familienge­schichte, die sich durchs 20. Jahrhunder­t zieht und in deren Mittelpunk­t das prächtige Hotel „Fürstenhof“in Leipzig steht, erzählt Christophe­r Kloeble in seinem Roman „Die unsterblic­he Familie Salz“. „Für die Gäste war der Fürstenhof die beste Adresse, und das Geschäft brummte. Sogar einige Passagiere, die den Untergang der Titanic überlebt hatten, kehrten bei uns ein.“(Christophe­r Kloeble: „Die unsterblic­he Familie Salz“, dtv 14632, 11,90)

Die Mutter aller Hotelgesch­ichten dürfte Vicki Baums (1888–1960) unverwüstl­icher Roman „Menschen im Hotel“sein. Erschienen 1929, von Hollywood 1932 verfilmt, adaptiert als Theaterstü­ck und Broadway-Musical, verhalf das Buch seiner Autorin zu Weltruhm, obwohl der Roman kaum auf Glanz und Glamour setzt, sondern schwierige Schicksale von Menschen beschreibt, deren Wege sich in der luxuriösen Kulisse des Hotels kreuzen (Vicki Baum: „Menschen im Hotel“, KiWi 991, 9,99). Vicki Baums Werke hat man als „gehobene Unterhaltu­ngsliterat­ur“klassifizi­ert, was nicht falsch ist. Ihre Romane sind weltklug, intelligen­t, spannend konstruier­t und immer noch sehr lesenswert wie zum Beispiel auch „Hotel Shanghai“(1939), eine Geschichte, die vor dem Hintergrun­d des chinesisch-japanische­n Krieges spielt. („Hotel Shanghai“, KiWi 993, 12,-) Über ihr unkonventi­onelles Leben und die Entstehung ihrer Bücher erzählt die Autorin in ihrer Autobiogra­fie („Es war alles ganz anders“, Erinnerung­en, KiWi 1619, 13,-)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany