Nordwest-Zeitung

Schuldenst­and macht B*üssel misst*auisch

EU rügt italienisc­hen Etat – Gravierend­er Versto? gegen Stabilität­sregeln

- VON DETLEF DREWES, BÜRO BRÜSSEL

BRÜSSEL/ROM – Italiens Regierungs­chef Giuseppe Conte gab sich beschwicht­igend. Die für das kommende Jahr geplante Neuverschu­ldung in Höhe von 2,4 Prozent sei eine „Grenze, die wir geloben einzuhalte­n“. Außerdem stehe noch nicht fest, ob dieser Rahmen überhaupt ausgeschöp­ft werden müsse, sagte er am Montag in Rom. Sicher sei nur, „dass wir ihn nicht überschrei­ten“. Und dann, in einem kleinen Anfall von Entrüstung, machte der Premier klar: „Wir sind keine Horde von Hitzköpfen, die in die Regierung gekommen sind.“Im Übrigen bestehe „keine Möglichkei­t eines ItalePit und auch keine Möglichkei­t, aus der Eurozone auszutrete­n.“Ohne die neuen Maßnahmen würde Italien in eine Rezession rutschen. Das war allerdings ganz sicher nicht die Antwort, die Währungsko­mmissar Pierre Moscovici hören wollte, nachdem er Ende vergangene­r Woche persönlich nach Rom gereist war, um die Bedenken der Brüsseler Behörde gegen den Haushaltse­ntwurf 2019 aus Rom zu überbringe­n. Der Kommissar hatte von einem „gravierend­en Verstoß“gegen die Stabilität­sregeln gesprochen.

Das Rechts-Links-Bündnis in Rom will im nächsten Jahr 2,4 Prozent mehr Schulden machen. Das liegt zwar unter jener Drei-Prozent-Grenze, die im Euro-Pakt vorgegeben ist. Angesichts eines öffentlich­en Schuldenst­andes von 132 Prozent der Jahreswirt­schaftslei­stung (erlaubt sind 60 Prozent) hatte sich die Kommission aber mit den Vorgängerr­egierungen auf einen Fahrplan zum Abbau der Lasten geeinigt. Der sah für 2019 eine Neuverschu­ldung von maPimal 0,8 Prozent vor. Conte und vor allem sein Finanzmini­ster Giovanni Tria wollen das Dreifache.

In Brüssel wurde die brüske Zurückweis­ung am Montag noch stillschwe­igend hingenomme­n. Am Dienstag tagt die Kommission in Straßburg am Rande der Plenarsitz­ung des Europaparl­aments. Wenn das Gremium das festgelegt­e Verfahren durchzieht, müsste es konsequent­erweise innerhalb einer Zwei-Wochen-Frist den gesamten italienisc­hen Haushalt zurückweis­en und anschließe­nd das von den Mitgliedss­taaten der Währungsun­ion beschlosse­ne Strafverfa­hren in Gang setzen. Es gipfelt in empfindlic­hen Geldbußen für einen ungehorsam­en Mitgliedss­taat – sie wurden bisher noch nie verhängt. Bis zu diesem drastische­n Schlusspun­kt sind noch mehrere Schritte vorgesehen. „Es sieht allerdings nicht so aus, als ob die italienisc­he Regierung vorhat, die Brüsseler Einwände ernstzuneh­men“, hieß es aus der Kommission.

Newspapers in German

Newspapers from Germany