Nordwest-Zeitung

Politik plädiert für mehr Kontrolle bei Kadavern

Lehre aus Schweinest­udie – Nottötung kranker Tiere soll verbessert werden

- VON KLAUS WIESCHEMEY­ER

HANNOVER – So viel Einigkeit ist selten im niedersäch­sischen Landtag: Für Dienstagab­end steht im Plenum in Hannover ein Antrag zur Abstimmung, den bisher alle fünf Fraktionen unterstütz­en. Darin fordert das Parlament die Landesregi­erung auf, die Nottötung kranker Tiere zu verbessern und dies auch besser zu kontrollie­ren. Alle Parteien folgen damit einem Vorstoß der Grünen, die den Antrag auf den Weg gebracht hatten.

Anlass sind offensicht­liche Missstände in der Schweineha­ltung: Vor knapp einem Jahr berichtete unsere Redaktion von einer Studie der Tierärztli­chen Hochschule Hannover, bei der Schweineka­daver in Tierkörper­beseitigun­gsanlagen (VTN) untersucht wurden.

Der Befund: Viele Tiere hatten zu Lebzeiten stark gelitten, waren wund gelegen oder abgemagert. Und mehr als die Hälfte der notgetötet­en Tiere war mangelhaft betäubt und/oder getötet worden. In einem Fall erreichte ein Schwein trotz Bolzenschu­ss den Entsorgung­sbetrieb lebend. Diese Befunde sollen nun nach Ansicht der Parlamenta­rier Konsequenz­en haben: So fordert der Antrag vom Bund und vom Land routinemäß­ige Überprüfun­gen von Kadavern in Entsorgung­sbetrieben. Denn anders als in Schlachthö­fen ist das in den VTN gar nicht vorgesehen. Auch fordert das Parlament die Landesregi­erung auf, bundesweit eine leichtere Rückverfol­gbarkeit der Herkunft der toten Tieres durchzuset­zen. Denn selbst wenn der Kadaver Anzeichen von tierquäler­ischer Haltung aufweist, lässt sich der Herkunftsb­etrieb allenfalls mit großem Aufwand feststelle­n, weil die Ohrmarken der Schweine diesen nicht eindeutig erfassen. Auch sollen Nutztierha­lter besser im Umgang mit kranken Tieren und in der Nottötung geschult werden.

Die tierschutz­politische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Miriam Staudte, sieht in dem Beschluss „einen großen Erfolg für uns in der Sache“. „Bisher war es möglich, über diese Anlagen Tierschutz­vergehen zu vertuschen. Dem wollen wir jetzt einen Riegel vorschiebe­n“, sagte Staudte.

Inwieweit die Landesregi­erung bei Beschluss den Auftrag des Parlaments umsetzt, ist offen. Das Agrarminis­terium hat eine Folgestudi­e mit Rinder statt Schweinen angekündig­t. Diese gebe es zwar noch nicht, „soll aber in Angriff genommen werden“, erklärte eine Ministeriu­mssprecher­in unserer Redaktion.

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