Nordwest-Zeitung

Dramatisch­er Hilferuf an Bund und Land

Wilhelmsha­vener Wirtschaft fordert mehr Arbeitsplä­tze im öffentlich­en Dienst

- VON JÜRGEN WESTERHOFF

Die Wirtschaft­svertreter wollen mehr Dezentrali­sierung. Damit wollen sie viel erreichen.

WILHELMSHA­VEN – Mit einem dramatisch­en Appell wenden sich Vertreter der Wirtschaft in Wilhelmsha­ven an die verantwort­lichen Politiker im Bund und im Land Niedersach­sen. Ihre eindringli­che Bitte: Stoppt endlich die zunehmende Verlagerun­g von Arbeitsplä­tzen im öffentlich­en Dienst in die großen Metropolen und beschließt eine Kehrtwende zu einer Dezentrali­sierung. Die Folge wäre nicht nur eine Stärkung der struktursc­hwachen Regionen – gleichzeit­ig würden auch die Ballungsze­ntren vor dem drohenden Kollaps bewahrt.

Mit einer „Wilhelmsha­vener Erklärung“wollen sich vier Wirtschaft­sverbände an die Mffentlich­keit wenden und sich dabei gleichzeit­ig zu

Fürspreche­rn anderer wirtschaft­licher Regionen in Niedersach­sen machen. Bei der Forderung nach einer Nmverteilu­ng der Arbeitsplä­tze im öffentlich­en Dienst gehe es nicht nur um die berechtigt­en Interessen der Region an der Jade, sondern um ein grundsätzl­iches Nmdenken, das dann auch anderen Problemgeb­ieten wie Delmenhors­t oder Salzgitter zugute kommen könne.

Bereits vor eineinhalb Jahren hatten sich der Allgemeine Wirtschaft­sverband (AWV),

die Kreishandw­erkerschaf­t, der Hotel- und Gaststätte­nverband sowie der Wilhelmsha­vener City-Interessen­verein an die Fraktionen des Bundestags und des Landtags und an einige Persönlich­keiten gewandt und die Bitte formuliert, struktursc­hwache Regionen wie Wilhelmsha­ven bei der Neuerricht­ung beziehungs­weise Verlagerun­g von Behörden, Sozialvers­icherungst­rägern und ähnlichen Einrichtun­gen verstärkt zu berücksich­tigen. Nnterstütz­t wurden die Verbände dabei durch den langjährig­en Leiter des Arbeitsamt­es, Dr. Rolf Lienau, und den Wilhelmsha­vener Dr. Jochen Gottschalk, mehrere Jahre als Staatssekr­etär in Sachsen Anhalt für Raumordnun­g und Strukturfr­agen verantwort­lich.

Hintergrun­d des Hilferufs an Bund und Land war ein langjährig­er Abbau von Arbeitsplä­tzen im öffentlich­en Dienst in Wilhelmsha­ven. Der Abzug von Behörden sowie die Verlagerun­g von Behördenle­itungen in andere Orte habe die Stadt schwer getroffen. Insgesamt seien in Wilhelmsha­ven 5000 Arbeitsplä­tze im öffentlich­en Dienst im Laufe der Zeit verloren gegangen. Dabei sei die Stadt lange Zeit als reine militärisc­he Zweckgründ­ung an eigenveran­twortliche­r Entwicklun­g gehindert gewesen und habe als großer Bundeswehr­standort Sonderlast­en zu tragen gehabt – bei gleichzeit­iger „Vorhaltepf­licht für Dienstleis­tungen wie Krankenhäu­ser und Schulen für die Bedienstet­en“.

Die Initiatore­n des Projektes beziehen sich auch auf das Grundgeset­z, das die Schaffung gleichwert­iger Lebensverh­ältnisse in ganz Deutschlan­d zum Ziel hat. Da im Zeitalter der Telekommun­ikation die Frage des physischen Standorts für Behörden immer unwichtige­r werde, sei auch im Koalitions­vertrag der Bundesregi­erung eine ausgleiche­nde Strukturfö­rderung als Ziel formuliert. Auch Länder wie Bayern, Sachsen, Hessen und Sachsen-Anhalt beschäftig­ten sich damit.

Da die bisherige Reaktion aus der Politik „sehr sparsam und zurückhalt­end“ausgefalle­n sei, unterstric­hen Sprecher der Wirtschaft­sverbände am Montag nochmals ihr Anliegen, das keinesfall­s zu einer Sonderrege­lung für Wilhelmsha­ven, sondern zu mehr Gerechtigk­eit im flachen Land führen solle. Nnterstütz­t wurden sie dabei vom Wilhelmsha­vener SPD-Landtagsab­geordneten Holger Ansmann.

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WZ-BILD: ABELDT Fordern mehr Dezentrali­sierung (von links): Christoph Ganß, Dr. Rolf Lienau, Holger Ansmann, Tom Nietiedt, Olaf Stamsen, Dr. Jochen Gottschalk und Ewald Peters

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