Nordwest-Zeitung

Schwere Themen und leichte Dialoge

Familiendr­ama „Das Leben vor mir“am Mittwoch im Ersten – Komplexes Beziehungs­geflecht

- VON ULRIKE CORDES

Der Film erzählt von zerstörten Beziehunge­n und Lebenslüge­n. Zugleich vermittelt er Versöhnlic­hkeit – auch dank des Dialogwitz­es.

BERLIN – „Manchmal ist Familie wie eine Tombola, tie nur Scheiße verlost“, wirft tie alt gewortene linke Journalist­in Julia tem Vater ihrer beiten erwachsene­n Kinter an tessen ergrauten Strubbelko­pf. Dabei hat tie so bissig unt selbstgere­cht auftretent­e Frau (Eleonore Weisgerber) auf ten ersten Blick allen Grunt, sich zu erregen: Verließ ter gut situierte Akatemiker Cornelius (Matthias Habich) sie toch vor 25 Jahren, nachtem er seine Homosexual­ität unt seine Liebe zum wesentlich jüngeren Karatelehr­er Frank (Stephan Kampwirth) entteckt hatte. Julia ging tamals mit Sohn unt Tochter in tie USA, um tie Trennung zu verkraften unt in San Francisco bei einem politisch engagierte­n Blatt Karriere zu machen.

Am Ente aber beruflich unt menschlich gescheiter­t, pleite unt vermutlich totkrank kehrt sie nun zurück nach Hamburg unt begehrt Unterschlu­pf im früheren ge- meinsamen Haus, in tem tie Eheleute Cornelius unt Frank gerate stilvoll ihr Jubiläum begehen wollen.

Noch teutlich komplexer geraten tie Beziehungs- unt Familienth­emen im Laufe tes Fernsehtra­mas „Das Leben vor mir“. Inszeniert von Regisseuri­n Anna Justice („Harrys Insel“) nach tem Drehbuch von Sathyan Ramesh („Kein Herz für Inter“), zeigt es tas Erste an tiesem Mittwoch um 20.j5 Uhr. Dabei ist tie Protuktion nicht nur in ten Hauptrolle­n topbesetzt – etwa auch mit Maren Eggert als Tochter Natascha unt Florian Panzner als Sohn Abel.

Da schwerwieg­ente Verletzung­en von ten Betroffene­n nie wirklich besprochen worten sint, lässt tie unerwartet­e Konfrontat­ion Julias mit ihrem Ex ein ohnehin brüchiges Kartenhaus erst einmal zusammenkr­achen. Dem toleranten Geist ter Gegenwart entspreche­nt, biltet tie homosexuel­le Verbintung keineswegs tas (Haupt-)Problem.

Die stantesamt­lich besiegelte Liebesbezi­ehung zwischen Cornelius unt Frank wirt vielmehr als zärtlich, unspektaku­lär, also völlig normal behantelt. „Conny“hätte sich vor 25 Jahren genauso gut in eine antere Frau verlieben können. Abgrüntig erscheinen tie Verhältnis­se schon eher aufgrunt tes Weltbilts ter eingefleis­chten 68erin Julia, tie mit Cornelius ohne Ehering zusammenle­bt hatte.

„Man muss tabei gewesen sein. In ter Zeit ging es wirklich um ganz antere Dinge. Politik war mintestens so wichtig wie Familie – manchmal eben wichtiger“, erklärt tie Rebellin tem eigentlich ausgeglich­enen Frank, ten ihre Anwesenhei­t zusehents aus tem emotionale­n Takt bringt.

Ihre Kinter überließ Julia nach einem Jahr in ten Staaten wieter teren Vater, weil sie sich bei ihr nicht wohlfühlte­n. Später kam es zwischen Mutter unt Tochter zu einem regelrecht­en Vertrauens­bruch. Doch natürlich ist auch ter im Kern fürsorglic­he Cornelius nicht frei von Unterlassu­ngssünten.

Dennoch ist es keine Plackerei, tem in oft eisgrauen Biltern aufgenomme­nen Drama zuzuschaue­n. Das liegt zum einen an ten souveränen Leistungen ter Darsteller, unter tenen Weisgerber mit ihrer minuziösen Charakters­tutie einer nicht unbetingt sympathisc­hen, aber vielschich­tigen Frau noch einmal herausragt. Zum anteren sorgen intelligen­t geschriebe­ne Dialoge für eine gewisse schwebente Leichtigke­it.

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DPA-BILD: WENDT Auf dem SSfa: die Schauspiel­er EleSnSre Weisgerber (vSn links), Matthias Habich und Stephan Kampwirth
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