Bund will Fahrverbote erschweren
Lob und Kritik für Groko-Plan – Sperrungen auch in Mainz und Hannover?
Niedersachsens FDP fordert die Umsetzung von Messstellen. Sie sieht hierfür Spielräume.
BERLIN/MAINZ/HANNOVER – Kurz vor der Landtagswahl in Hessen kocht die Debatte über drohende Diesel-Fahrverbote weiter hoch. Die Bundesregierung bekräftigte ihre Position, dass Sperrungen in Städten mit geringen Grenzwert-Überschreitungen bei der Luftverschmutzung in der Regel nicht verhältnismäßig wären. Dies soll auch gesetzlich untermauert werden, ohne, dass der Bund Sperrungen untersagen könnte.
„Am Ende entscheidet eine Kommune selbst, ob sie ein Fahrverbot verhängt oder nicht“, sagte ein Sprecher des Umweltministeriums am Montag in Berlin. Umweltverbände und Opposition kritisierten das Vorgehen. An diesem Mittwoch steht eine Gerichtsverhandlung über ein weiteres Fahrverbot an – in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz.
Konkret will der Bund für Städte, die den Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid (NO2) je Kubikmeter Luft um höchstens zehn Mikrogramm überschreiten, „Klarheit bei der Verhältnismäßigkeit“schaffen, wie das Umweltministerium erläuterte. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte dies am Sonntagabend bekräftigt. An diesem Sonntag wird in Hessen ein neuer Landtag gewählt. Für Frankfurt am Main mit einer Luftbelastung von zuletzt 47 Mikrogramm hat ein Gericht kürzlich Fahrverbote ab 2019 angeordnet, dagegen geht das Land juristisch vor.
Hintergrund ist auch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das Fahrverbote für generell zulässig erklärt, die Umsetzung aber an die Verhältnismäßigkeit knüpft. Nordrhein-Westfalens Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) begrüßte die Pläne der Bundesregierung.
Der Anwalt der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die in vielen Städten für DieselFahrverbote vor Gericht zieht, hält das Vorhaben dagegen für wirkungslos. „Das ist eine Kosmetik, die an der Rechtslage überhaupt nichts ändert“, sagte Remo Klinger. „Der Bund kann nicht pauschal entscheiden, was für Städte verhältnismäßig ist.“
Vor der Gerichtsverhandlung in Mainz warnten Stadt und Wirtschaft eindringlich vor den Folgen möglicher Fahrverbote. Dies würde die Mobilität massiv einschränken und das Problem nicht lösen, sagte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD).
Angesichts drohender Diesel-Fahrverbote auch in Niedersachsen fordert derweil die FDP-Fraktion von der Landesregierung in Hannover eine Umsetzung der Messstellen. Die EU gebe einen weiten Spielraum, heißt es in einem Antrag der Liberalen, der am Donnerstag in den Landtag eingebracht werden soll.
Der Antrag richtet sich insbesondere an die Messstelle an der Marienstraße in Hannover. Weil die Einfallstraße auf Höhe des verkehrsreichen Platzes Aegi Messungen zufolge besonders belastet ist, hält die Stadtverwaltung Straßensperrungen für Diesel für unvermeidbar.
Auch an anderen Messpunkten in der Stadt wird der Stickstoffdioxidgrenzwert knapp gerissen. Hannover stellt sich mit der Ankündigung von Straßensperrungen klar gegen die rot-schwarze Landesregierung – sowohl Ministerpräsident Stephan Weil als auch Umweltminister Olaf Lies (beide SPD) und Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) halten Fahrverbote mit Verweis auf sinkende Belastungen für vermeidbar.