Ver üngungskur für alte Dame
Fregatte „Brandenburg“wird derzeit in der Lürssen-Werft überholt
Die 24 Jahre alte Fregatte wird in der Werft überholt. Kommandant Jan Hackstein hat die über sein Schiff geführt.
BERNE – Kapitän Jan Hackstein steht mitten in der Operationszentrale der Fregatte „Brandenburg“. „Genau hier ist während unserer Einsätze mein Platz“, erklärt er. Doch wo sonst sein Stuhl fest am Boden verschraubt ist, sind im Moment nur noch die Bohrlöcher zu sehen. Hackstein ist seit März diesen Jahres Kommandant des Marineschiffes der Klasse 123 – und muss jetzt erst einmal mit einer Großbaustelle leben.
Die Monitore und Messgeräte auf den Tischen sind abgeklebt oder fehlen ganz. Elektriker arbeiten sich durch die dicken Kabelstränge im Raum. Baulärm dringt durch alle Decks, bei Schweißarbeiten am Außenschiff fliegen die Funken.
Die 24 Jahre alte Fregatte, von Kommandant Hackstein stolz „unser schönstes Schiff“genannt, bekommt gerade bei der Lürssen-Werft am Standort Berne eine Verjüngungskur. Bei der sogenannten Zwischeninstandsetzung des Schiffs werden alle Pumpen, Rohre, Ventile, die Gasturbinenund Diesel-Antriebsanlage sowie die Wellenanlage gewartet, die Konservierung der Außenwände erneuert, ebenso die Fußböden. „Eigentlich wird alles auf dem Schiff einmal in die Hand genommen“, fasst Hackstein zusammen. Rund 150 Mitarbeiter sind dafür jeden Tag im Einsatz. Den Auftrag für die Arbeiten hat die Neue Jadewerft, die zur Lürssen-Gruppe gehört, bekommen.
Julian Jacksch ist stellvertretender Projektleiter für die Instandsetzung der „Brandenburg“. Er behält den Überblick über die Arbeitsschritte an Bord. Alles, was für die Überholung des Schiffes deauch
montiert wurde, muss später auch wieder am richtigen Platz angebracht werden. „Dafür werden alle zusammengehörigen Teile abgepackt und genau katalogisiert“, erklärt er. Eine Mammutaufgabe – allein mehrere hundert Kilometer Kabel sind auf der „Brandenburg“verlegt.
Jacksch koordiniert auch die Zusammenarbeit der Werft mit anderen Unternehmen. So wurde der BackbordAntriebsdieselmotor durch die Neue Jadewerft ausgebaut und durch einen beigestellten generalüberholten Austauschmotor ausgewechselt. In wenigen Tagen wird der riesige Antriebsdieselmotor (von der Mannschaft übrigens liebevoll auf den Namen „Else“getauft) mit einem Kran
durch das Gerüstdach gehievt und durch die Montageöffnung an Deck wieder eingesetzt. Diese muss dann noch verschlossen und verschweißt werden, anschließend wird der rutschfeste Decksbelag erneuert.
Die beiden hohen Schornsteine der „Brandenburg“und das Oberdeck glänzen bereits in frischem Marinegrau – denn zusätzlich zu den Konservierungsmaßnahmen durfte sich das Schiff auch über einen neuen Anstrich freuen. Das tut auch Kommandant Hackstein. „Das Schiff ist für sein Alter in einem sehr guten Zustand“, sagt er zufrieden. „Das liegt zu einem guten Teil auch am engagierten Einsatz der Besatzung.“Bis 2030 soll die Fregatte noch für die Marine im Dienst sein, vielleicht länger. „Das wäre kein Problem. Sie ist wie alle unsere Schiffe sehr solide gebaut“, so Hackstein.
Die „Brandenburg“, gebaut bei Blohm und Voss in Hamburg, war eigentlich für den Einsatz im Kalten Krieg konzipiert – als U-Boot-Jäger und für Geleitschutzaufgaben. In den Hangars haben zwei Bordhubschrauber vom Typ Sea Lynx Platz, das Schiff kann in Eigenschutz Luftangriffe abwehren und Seeziele anvisieren. Allerdings nicht im Moment – bevor die Fregatte in die Werft ging, wurde sie im Marinearsenal in Wilhelmshaven demilitarisiert. Auch von der Besatzung (220 Männer und Frauen) sind derzeit ein Drittel mit in Berne. Sie ist in einem Containerdorf neben dem Schiff untergebracht. „Der technische Leitstand des Schiffes ist immer besetzt“, erklärt der Kommandant. Noch bis zum 13. November wird die „Brandenburg“in Berne liegen – dann wird sie ausgedockt.
Dafür wird das Schwimmdock bei Hochwasser in die Mitte der Weser gezogen und abgesenkt. „Für diesen Vorgang pumpen wir Wasser in die großen Tanks unter dem Dock. Sie sind momentan mit Luft gefüllt“, erklärt Projektleiter Jacksch. Liegt die Fregatte sicher im Wasser, wird sie zunächst an den LürssenStandort in Lemwerder gebracht und am 15. November mit drei Schleppern nach Wilhelmshaven gezogen.
Dort wird das Schiff ausgerüstet nach erfolgreicher Erprobungsfahrt im Dezember, wieder von der Marine übernommen und militärisch ausgestattet. „Wir starten direkt in die Ausbildung der Mannschaft und sind 2020 wieder einsatzbereit“, sagt Kommandant Hackstein. 2017 war die Fregatte an einem Nato-Einsatz in der Ägäis beteiligt. Wo es für Kapitän Hackstein und seine Mannschaft hingehen wird, steht noch nicht fest.
Ein Video von den Arbeiten sehen Sie unter www.NWZonline.de/videos