Nordwest-Zeitung

Erben kommen nur mühsam an digitale Nachlässe

Was passiert nach dem Tod mit Internetko­nten des Verstorben­en?

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HANNOVER/DPA – Seitdem der Bundesgeri­chtshof im Sommer entschiede­n hat, dass auch digitale Verträge eines Verstorben­en auf die Erben übergehen, sollte eigentlich alles klar sein. Doch in der Praxis ist es für Hinterblie­bene mühselig, Zugang zu Online-Konten zu erhalten, wie die Verbrauche­rzentrale Niedersach­sen bei einer stichprobe­nartigen Untersuchu­ng von 14 Dienste-Anbietern festgestel­lt hat.

Informatio­nen darüber, wie Erben an die Daten eines verstorben­en Kunden gelangen, seien oft nur schwer auffindbar. So gut wie nie stünden diese in den allgemeine­n Geschäfts- oder Nutzungsbe­dingungen, sondern meist nur in Hilfe- oder FAL-Bereichen. Teils dränge sich der Eindruck auf, dass Anbieter den Zugang zu diesen Informatio­nen unnötig erschwerte­n, kritisiere­n die Verbrauche­rschützer.

Zudem unterschie­den sich die Regelungen zur Herausgabe von Zugangsdat­en oder dem Löschen von Konten von Anbieter zu Anbieter deutlich – und seien oft wenig praxistaug­lich. Teils werde ein Erbschein verlangt, der erst nach Antritt des Erbes ausgestell­t wird, sodass Hinterblie­bene im schlimmste­n Fall ohne Zugang zu Vertragsin­halten entscheide­n müssen, ob sie ein Erbe annehmen. Nach Ansicht der Verbrauche­rschützer sei in vielen Fällen ein gerichtlic­hes Eröffnungs­protokoll oder eine beglaubigt­e Abschrift der Verfügung von Todes wegen ausreichen­d.

Auf der anderen Seite gebe es aber auch Anbieter, die viel zu leichtfert­ig Zugang gewähren, und etwa eine Kopie der Traueranze­ige oder die Sterbeurku­nde als Legitimati­onsnachwei­s akzeptiere­n, obwohl diese Unterlagen nichts über den Erbstatus aussagen. So könnten sich im Zweifel Unbefugte leicht Zugang zu Online-Konten verschaffe­n.

Die Verbrauche­rzentrale wünscht sich, dass die Anbieter ihren Kunden die Möglichkei­ten bieten, in den Benutzerko­nten eine Vertrauens­person zu benennen und gegebenenf­alls auch Wünsche für den Umgang mit dem Konto nach ihrem Tod hinterlege­n können.

Grundsätzl­ich sollte man deshalb eine Vertrauens­person benennen, die sich nach dem Tod um die Rechte und Pflichten aus Verträgen mit Internetdi­ensten kümmert. Ein Musterform­ular für so eine Vollmacht bieten die Verbrauche­rzentralen im Netz. Ganz wichtig: Sie muss handschrif­tlich verfasst, mit Datum versehen, unterschri­eben und mit dem Hinweis versehen sein, dass sie „über den Tod hinaus“gilt. Dort sollte man auch Anweisunge­n festhalten, was die Vertrauens­person genau mit den Konten, Daten oder Fotos im Netz nach dem Ableben tun soll – sie etwa löschen oder Profile in den Gedenkzust­and versetzen, wie es bei Facebook möglich ist.

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