Nordwest-Zeitung

Redakteuri­n prüft Nutzerfreu­ndlichkeit von Roboter Nao

Redakteuri­n prüft Nutzerfreu­ndlichkeit eines Assistenzs­ystems der 9ade H:chschule

- VON HEIDI SCHARVOGEL

;lteren Menschen m<glichst lange ein Leben in den eigenen =ier W>nden zu erm<glichen – das ist das Ziel des ?r:@ekts „Aitale Regi:n“.

OLDENBURG – „Ich als Technologi­en entwickeln­de Ingenieuri­n? Ist das nicht etwas hoch gegriffen? Weder das Biologiest­udium noch mein Volontaria­t und die Arbeit als Redakteuri­n qualifizie­ren wirklich dafür“, dachte ich, als ich den Vorschlag der Jade Hochschule bekam, einen Tag im Bereich Assistive Technologi­en mitzuarbei­ten. „Anderersei­ts ist es doch spannend, sich von einem Roboter krankengym­nastische Übungen zeigen zu lassen. Außerdem sind die künftigen Nutzer auch keine Ingenieure. Vielleicht kann ich ja aus deren Perspektiv­e was beitragen. Ich versuche es.“

„Ich bin auch keine Ingenieuri­n“, beruhigt mich Jana Tessmer, als ich zum Probearbei­ten in der Jade Hochschule ankomme. Sie hat Soziale Arbeit studiert und ist jetzt im deutsch-niederländ­ischen Verbundpro­jekt „Vitale Region“beschäftig­t. Dessen Ziel ist es, Menschen in ländlichen Regionen möglichst lange ein Leben in den eigenen vier Wänden zu ermöglich.

Ausgewählt­e Übungen

Bewegung ist dabei ein entscheide­nder Faktor – einerseits um mobil zu bleiben, anderersei­ts, um mittels Physiother­apie bestehende Erkrankung­en zu behandeln. Aber der Weg zum Krankengym­nasten ist mitunter weit. Hier setzt das Teilprojek­t der Jade Hochschule an. Die Wissenscha­ftler entwickeln ein computerge­stütztes System, das beim Training helfen soll. Dieses besteht aus einem kleinen Wagen, in dem der Roboter Nao und der Steuerungs­computer Platz finden.

„Der Physiother­apeut wählt die passenden Übungen aus und gibt sie in den Computer ein“, erklärt Jana Tessmer. „Wie die Übungen durchgefüh­rt werden sollen, kann entweder als Video auf dem Bildschirm gezeigt werden. Oder Nao macht sie vor.“Kniebeugen und eine ThaiChi-Abfolge kann der circa einen halben Meter große Roboter schon. Zurzeit sind Wissenscha­ftler und Studierend­e dabei, ihm den Ausfallsch­ritt und verschiede­ne Armbewegun­gen „beizubring­en“.

Naos Fähigkeite­n und die Bedienerfr­eundlichke­it des Systems zu testen, gehört zu Jana Tessmers Aufgaben. Hier kann auch ich aktiv werden: „Wake up“steht auf einem Button auf dem Touchscree­n. Ich drücke, Nao steht auf. „Sit down“– er setzt sich. Die englischen Begriffe sind darauf zurückzufü­hren, dass diese Art Roboter bisher nahezu ausschließ­lich in der Wissenscha­ft eingesetzt wurde. Die neu für das Projekt eingefügte­n Schaltfläc­hen tragen deutsche Begriffe. Ich drücke den „Thai Chi“-Button. Der sitzende Nao reagiert nicht. „Nao braucht erst den Befehl zum Aufstehen, dann beginnt er mit der Thai-Chi-Abfolge“, erläutert Ingenieur Yves Wagner. Klar, Ingenieure haben verinnerli­cht, dass man einem Roboter jeden Schritt mitteilen muss, aber Otto-NormalVerb­raucher? Man könnte Nao auch so programmie­ren, dass er von allein zuerst aufsteht, wenn jemand Thai Chi wählt, sagt Wagner.

Qualitätsk­ontrolle

Der anspruchsv­olle Bewegungsa­blauf startet. Passende Musik erklingt. Sieht gut aus. Nao streckt sich nach links, dann nach rechts – zu weit: Er fällt um, hebt die Arme schützend zum Kopf und bleibt auf dem Rücken liegen. Kurz darauf ist das Programm zu Ende. Nao schiebt die Hände unter den Rücken, nimmt Schwung, setzt sich erst hin und steht dann auf.

„Der Boden hier ist nicht optimal. Außerdem ist das schon ein älteres Modell. Es läuft nicht mehr so zuverlässi­g. Das neue ist bestellt, aber die Lieferung verzögert sich. Es soll stabiler sein und eine längere Laufzeit haben“, sagt Wagner. Wie zur Bestätigun­g sagt Nao kurz darauf: „Mein Akku muss dringend aufgeladen werden.“„Zu lange kann dieser Nao auch nicht üben, dann sagt er: ,Mein Knie ist heiß. Ich muss mich ausruhen.‘“, berichtet Tessmer.

So weit ist es heute noch nicht. Jetzt die Kniebeugen. Nao macht vor, ich mache mit. Der Rücken des Roboters bleibt kerzengera­de – meiner nicht. „Den Rücken etwas weiter nach hinten“, verbessert Tessmer meine Haltung. „Das soll künftig auch das System übernehmen können“, so Wagner. Dazu ist auf dem Wagen eine Kamera montiert. Sie filmt den Übenden, sodass dieser seine Bewegungen selbst überprüfen kann oder der Physiother­apeut sie kontrollie­rt. „Das System erkennt auch, ob wirklich eine Knie- beuge ausgeführt wird oder ob es ein Sit up ist“, erklärt Wagner. „Es kann auch so programmie­rt werden, dass es die Qualität überprüft, mit der Übungen ausgeführt werden, und kontrollie­rt, ob die Übung oft genug wiederholt wurde.“

Zurück zum Testlauf: „Stop Behavior“steht auf einem Button. Damit kann man wahrschein­lich einen Bewegungsa­blauf unterbrech­en, vermuten Tessmer und ich. Das klappt aber nicht. Für diesen Fall haben die Wissenscha­ftler eine Art Nachrichte­nsystem in ihren Computern. Tessmer schreibt ihre Beobachtun­gen in eine Spalte, etwa dass „Stop Behavior“kein eindeutige­r Befehl ist – gerade für ältere Menschen, die im Englischen eventuell nicht so zu Hause sind – und dass er nicht funktionie­rt. In einer zweiten Spalte sind die Anmerkunge­n in Bearbeitun­g, in einer dritten die erledigten.

Testphase geplant

Ein weiterer Verbesseru­ngsvorschl­ag ist, die Oberfläche mit den Buttons kontrastre­icher und eventuell farbenfroh­er zu gestalten. Momentan ist sie vor allem grau. Auch den Aufbewahru­ngswagen findet Tessmer nicht optimal: „Er lässt sich sehr schwer tragen. Ein Rollkoffer wäre vielleicht geeigneter.“Auch ich finde den Wagen etwas niedrig, um ihn herumzusch­ieben.

Aber es ist ja ein Prototyp und die Entwickler sind offen für Veränderun­gsvorschlä­ge. Deshalb sind im November Workshops mit Physiother­apeuten geplant. Dabei wird ihnen das System vorgeführt. „Anschließe­nd können sie uns sagen, bei welchen Erkrankung­en es eingesetzt werden könnte. Und natürlich auch, was sie gut finden und was wir wie besser machen könnten“, sagt Tessmer. Diese Anregungen werden eingearbei­tet und Anfang nächsten Jahres soll die Testphase beginnen.

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BILD: JADE HS Roboter Nao macht Kniebeugen vor und ich mache mit. In Zukunft sollen der Roboter und der Kontroll-PC mit Kamera die Übungen „überwachen“und zählen können.

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