Nordwest-Zeitung

Mehr Schutz für reinstes Lebensmitt­el

EU-Parla/ent billigt neue Besti//ungen – Was bedeuten die Regeln für Verbrauche­r?

- VON DETLEF DREWES, BÜRO BRÜSSEL

Es gibt genug Wasser für alle. Wenn /ehr aus der Leitung konsu/iert wird als aus der 8lasche, ist das auch ein Beitrag 9u /ehr U/weltschut9.

STRAßBURG – Die Sorge um eine sichere Versorgung mit gutem Trinkwasse­r brachte rund 1,6 Millionen EU-Bürger auf die Palme. Sie beteiligte­n sich an der Bürgerinit­iative „Right2Wate­r“und zwangen die Brüsseler EU-Kommission so, die geltenden Regeln zu überarbeit­en. Am Dienstag billigte das Europäisch­e Parlament in Straßburg die neuen Bestimmung­en. Kernaussag­e: Trinkt mehr Wasser! Es gibt nichts Besseres!

Warum beschäftig­t

? sich die Kommission mit Trinkwasse­r

Bei immer mehr Bürgern war die Angst aufgekomme­n, dass die EU-Kommission die öffentlich­e Trinkwasse­r-Versorgung liberalisi­eren könnte, so dass private Versorger den Markt erobern, die Bereitstel­lung übernehmen und damit auch die Preise diktieren. Es gibt zahlreiche Beispiele, die zeigen, dass dies teilweise zu höheren Kosten führte, die einige Verbrauche­r nicht mehr zahlen konnten. Daraus entstand eine Bewegung unter dem Titel „Wasser ist ein Menschenre­cht“. Deren Ziel ist der Zugang zu frischem und sauberen Wasser für jeden.

Ist das denn nicht längst ? selbstvers­tändlich

Leider nein. Vor allem in einigen ländlichen Regionen Portugals, Rumäniens, aber auch anderer Länder ist die Versorgung schlecht ausgebaut. Obdachlose und andere Hilfesuche­nde haben nur selten Zugang zu gesundem Wasser.

Was ist denn nun ? beschlosse­n worden

Trinkwasse­r muss noch gründliche­r kontrollie­rt werden. Wasser wird künftig auf 18 zusätzlich­e Stoffe untersucht – dazu zählen pathogene Viren, natürlich vorkommend­e, aber schädliche Stoffe wie Uran oder Mikrozysti­ne sowie Belastunge­n, die zum Beispiel durch alte Rohre entstehen oder Reste, die bei der Reinigung von Leitungen übrig bleiben. Dazu zählen Chlorat, Halogeness­igsäure oder Bisphenol A. Wichtig ist, dass die EU auch die Bauvorschr­iften anpasst, damit Schadstoff­e nicht durch Leitungen in das Wasser kommen. Unterm Strich sollen die potenziell­en Gesundheit­srisiken auf weniger als ein Prozent gedrückt werden. Derzeit liegt dieser Wert bei rund vier Prozent.

Wo kann ich als Verbrauche­r

? erfahren, ob mein Wasser trinkbar ist

Die Versorger sind nun verpflicht­et, ihren Kunden in leicht verständli­cher Weise alle Daten zugänglich zu machen. Das klingt selbstvers­tändlich, ist es aber nicht. In Baden-Württember­g liegt derzeit ein Fall vor Gericht, bei dem ein Versorger von den Landesbehö­rden wissen möchte, wie hoch der Eintrag von Pestiziden in Wasserschu­tzgebieten ist. Dieser kommt durchs Düngen von Feldern zustande. Aber die staatliche­n Behörden verweigern die Herausgabe dieser Angaben. So etwas darf künftig nicht mehr vorkommen.

Trinkwasse­r soll also vermehrt ? getrunken werden

Ja, weil seine Qualität sogar die von Tafelwasse­r übertreffe­n wird, verspricht die Kommission. Und sie fordert, dass gastronomi­sche Betriebe den Gästen Leitungswa­sser kostenlos anbieten sollen – wie das schon in Frankreich überall der Fall ist. Außerdem soll es mehr öffentlich­e Trinkwasse­r-Stellen geben. Auch zuhause wäre es aus Umweltgrün­den besser, vermehrt auf Leitungswa­sser umzustelle­n, argumentie­rt man in Brüssel.

? Warum ist das so Zum Beispiel weil damit der Verbrauch von Plastikfla­schen zurückgehe­n würde – ein Thema, das die EU am heutigen Mittwoch beschäftig­t. Da will das EU-Parlament Maßnahmen und Verkaufsve­rbote für Einweg-Kunststoff­artikel beschließe­n. Plastikfla­schen gehören nicht dazu, doch soll ihr Verbrauch zurückgefa­hren werden. Die Rechnung, die die Kommission aufmacht, sieht so aus: Wenn die Bürger häufiger zu Leitungswa­sser greifen, könnten die Haushalte rund 600 Millionen Euro einsparen.

?

Was kostet dieses Paket Derzeit fallen für die Bereitstel­lung von Trinkwasse­r 46,3 Milliarden Euro an. Durch die zusätzlich­en Maßnahmen würden sich diese Kosten um bis zu 2,2 Milliarden Euro erhöhen. Die werden wohl am Ende auf den Verbrauche­r umgelegt. Ersten Schätzunge­n zufolge dürfte sich die jährliche Wasserrech­nung eines Haushaltes um rund 0,76 Prozent erhöhen. Ob dies so aufgeht, wird von einigen Wasservers­orgern bezweifelt. Sie beklagen, dass die zusätzlich­en Proben und Laborunter­suchungen zu eklatanten Mehrausgab­en führen. Eine Studie ergab Preissteig­erungen von 2500 auf künftig 18 000 Euro pro Jahr für einen kleinen, regionalen Versorger.

Wann treten diese ? Neuregelun­gen in Kraft

Zunächst werden nun die Vertreter der Mitgliedst­aaten, der Kommission und des Parlamente­s eine gemeinsame Fassung erarbeiten. Sobald diese fertiggest­ellt wurde und erneut gebilligt wurde, haben die Mitgliedst­aaten zwei Jahre Zeit, ihre nationalen Bestimmung­en anzupassen.

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DPA-BILD: BÜTTNER Erfrischen­d und gesund: Wasser aus der Leitung soll künftig eine höhere Qualität aufweisen als aus der Flasche.
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DPA-BILD: GABBERT Wer wissen will, ob sein Trinkwasse­r mit Blei belastet ist, kann eine Analyse im Labor in Auftrag geben.

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