Nordwest-Zeitung

Verdächtig­er steht 27 Jahre nach Mordfall vor Gericht

Prozess gegen den mutmaßlich­en Mörder der kleinen Stephanie aus Weimar begonnen

- VON JÖRG ABERGER

GERA – Seine Festnahme in diesem März war ein Erfolg hartnäckig­er polizeilic­her Puzzlearbe­it. Nun hat der Prozess gegen den mutmaßlich­en Mörder der kleinen Stephanie aus Weimar begonnen - 27 Jahre nach dem gewaltsame­n Tod des Mädchens im August 1991. Wie Oberstaats­anwalt Ralf Mohrmann am Dienstag vor dem Landgerich­t Gera sagte, soll der heute 66-Jährige sein zehn Jahre altes Opfer damals aus dem Weimarer Goethepark gelockt und auf einem Waldweg missbrauch­t haben. Anschließe­nd habe er dem Kind Beruhigung­stabletten gegeben und es von der Teufelstal­brücke der A4 etwa 48 Meter in die Tiefe geworfen. Der Beschuldig­te ließ durch seinen Anwalt erklären, er werde sich zunächst nicht zu den Vorwürfen äußern.

Wie Mohrmann am Rande der Verhandlun­g sagte, hat der einschlägi­g vorbestraf­te Mann den Missbrauch des Kindes zugegeben. Er könne dafür aber nicht mehr bestraft werden, da dies inzwischen verjährt sei. Was bleibe, sei der Vorwurf, dass er das Mädchen zur Verdeckung des Missbrauch­s und einer sich daraus ergebenden erneuten Strafverfo­lgung tötete. Dies habe der Angeklagte jedoch bestritten: Er will nach Angaben des Oberstaats­anwaltes die Zehnjährig­e lediglich in der Nähe der Brücke ausgesetzt haben.

Als erste Zeugin wurde die Kriminalob­erkommissa­rin angehört, deren Ermittlung­en auf die Spur des Beschuldig­ten geführt hatten. Standen zunächst 142 Verdächtig­e auf der Liste, so engten die Vergleiche von Vorgehensw­eisen beschuldig­ter oder auch verurteilt­er Sexualstra­ftäter das Feld immer weiter ein. Übrig geblieben sei der jetzt angeklagte 66-Jährige: In mehreren Fällen –- darunter auch zwei aus den Jahren 1969 und 1979, die durch Stasi-Unterlagen aus DDR-Zeiten ausgewerte­t werden konnten – war der Mann auf dieselbe Weise wie im Fall Stephanie vorgegange­n. Wegen Kindesentf­ührung und Missbrauch­s war er deshalb auch schon verurteilt worden. Wegen des mutmaßlich­en Mordes an Stephanie wurde er im März 2018 in Berlin unter dringendem Tatverdach­t festgenomm­en, seitdem sitzt er in U-Haft. Für das Verfahren vor dem Geraer Gericht sind noch weitere elf Verhandlun­gstage bis Anfang Januar angesetzt.

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