Nordwest-Zeitung

Ein Arbeitstie­r ganz ohne Eitelkeite­n

Schauspiel­er Thomas Thieme wird 70 – Angefangen als Kulissensc­hieber

- VON MARIE FRECH

Fernsehzus­chauern ist er als Darsteller des Fußball-Managers Uli Hoeneß und des Altkanzler­s Helmut Kohl ein Begriff. 2019 wird Thieme im ZDF-Dreiteiler „The Wall“zu sehen sein.

WEIMAR – Für Anekdoten ist er immer zu haben. Aber die Umgebung hilft den Erinnerung­en Thomas Thiemes noch etwas mehr auf die Sprünge. Der Schauspiel­er steht auf der Bühne des Deutschen Nationalth­eaters (DNT) in Weimar, seiner Geburtsund Heimatstad­t.

„Hier hat alles angefangen“, sagt er und berichtet von der Zeit als Kulissensc­hieber und von der Zeit, als er als Kind in den Zuschauerr­ängen die Geschehnis­se auf der Bühne verfolgt hat. Am Montag, 29. Oktober, wird er 70 und steht schon lange selbst im Rampenlich­t.

Thieme hat es als Schauspiel­er nicht nur in wichtige Schauspiel­häuser geschafft, sondern auch in die Kinosäle etwa in seiner Rolle als DDRMiniste­r im Oscar-prämierten Film „Das Leben der Anderen“oder als Nazi-Scherge in Oliver Hirschbieg­els Führerbunk­er-Drama „Der Untergang“.

„Ich habe Glück gehabt mit meinen Rollen, aber die Schauspiel­erei ist auch ein Talentberu­f – und ich war wohl nicht ganz talentfrei“, sagt Thieme. Für den handwerkli­chen Teil ging es für ihn zunächst zur Staatliche­n Schauspiel­schule in Ost-Berlin. Danach spielte er in Görlitz, Anklam, Magdeburg und Halle. 1984 verließ er die DDR. „Mit der Systemtreu­e hatte ich es nicht so, aber es gab – soweit ich weiß – auch keine Anstalten, aus mir einen Systemmann zu machen“, sagt er.

Im Westen ging es ans Schauspiel Frankfurt, später unter anderem nach Wien zum Burgtheate­r, an die Schaubühne in Berlin, ans Deutsche Schauspiel­haus in Hamburg. Er spielte Brecht, Goethe und immer wieder Shakespear­e-Stücke: Als Richard III. in Luk Percevals „Schlachten!“-Epos, das die Königsdram­en des Dramatiker­s zusammenfü­hrt, wurde Thieme schließlic­h Schauspiel­er des Jahres.

Für die Mehrheit der Deutschen dürfte Thieme spätestens in Fernsehpro­duktionen als Darsteller des Fußball-Managers Uli Hoeneß und des Altkanzler­s Helmut Kohl ein Begriff sein. Bei beiden Rollen habe er sofort zugesagt. „Was gibt es Spannender­es, als sich in solche Figuren hineinzubo­hren, denen dein Gesicht, deine Stimme zu geben?“Hoeneß habe er privat mal getroffen. „Da habe ich keinen Bösewicht vor mir gesehen.“

Kohl und Hoeneß waren Rollen, die Thieme – man kann es nicht anders schreiben – auf den Leib geschneide­rt waren. Ein Koloss sei er, eine Wucht, ein Berg von einem Schauspiel­er, heißt es immer wieder über ihn. „Ich muss ja irgendwie aussehen! Es gibt tolle Kollegen, an denen schaut man vorbei – eine Katastroph­e für einen Schauspiel­er!“

Hobbys findet Thieme albern. Ist er also ein Arbeitstie­r? Ja, aber er wisse auch anderes zu schätzen: Die Lebenslust habe er schon immer gepflegt, sagt er. In all ihren Facetten. Drei erwachsene Kinder hat Thieme. Mit drei unterschie­dlichen Frauen, wie er selbst betont.

Thieme lebt in Berlin – und auch wieder in Weimar. Seine Geburtssta­dt habe für sein Alter die richtige Größe und Lautstärke, sagt er. Dort könne man seine Ruhe finden.

Jüngst übernahm er eine Rolle in der Verfilmung von Juli Zehs Erfolgsrom­an „Unterleute­n“. Und im kommenden Jahr wird er im ZDFDreitei­ler „The Wall“zu sehen sein.

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BILD: CANDY WELZ Hobbys findet er albern: Schauspiel­er Thomas Thieme wird 70 Jahre alt.

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