Nordwest-Zeitung

Milderes Urteil reicht Bayer nicht aus

Ist Monsantos Unkrautver­nichter Roundup mit Glyphosat krebserreg­end?

- VON HANNES BREUSTEDT

Das Urteil bleibt zwar bestehen, doch Monsanto kommt wohl weitaus glimpflich­er davon, als angenommen. Für Bayer steht viel auf dem 8piel.

SAN FRANCISCO – Im ersten USProzess um angeblich verschleie­rte Krebsgefah­ren glyphosath­altiger Unkrautver­nichter hat Bayer trotz einer voraussich­tlich geringeren Strafe als angenommen Berufung angekündig­t. Die zuständige Richterin Suzanne Ramos Bolanos wies am Montag (Ortszeit) einen Antrag der Bayer-Tochter Monsanto auf einen neuen Prozess ab, will die in einem früheren Urteil verhängten Schadeners­atzzahlung­en für den Saatguther­steller aber stark senken.

Am frühen Dienstagmo­rgen deutscher Zeit kündigte Bayer an, gegen das revidierte Schadeners­atzurteil Berufung einzulegen. Die deutliche Reduzierun­g des Strafschad­enersatzes durch das Gericht sei „ein Schritt in die richtige Richtung“, doch sei Bayer nach wie vor überzeugt, dass das Urteil im Widerspruc­h zu den im Prozess vorgelegte­n Beweisen stehe, teilte der Dax-Konzern am Dienstag in Leverkusen mit.

Aus dem Gerichtsdo­kument geht hervor, dass die Richterin statt der im August von einer Geschworen­enjury in San Francisco beschlosse­nen insgesamt 289 Millionen Dollar eine Entschädig­ung von lediglich 78 Millionen Dollar (68 Mio. Euro) für angemessen hält.

Falls der Kläger sich mit der geringeren Summe begnüge, werde der Prozess nicht neu aufgerollt. Monsanto hatte gegen das Urteil der Jury Berufung eingelegt und wegen unzureiche­nder Beweise gefordert, dass der Fall neu verhandelt wird.

Wie es jetzt weitergeht, liegt nach der Entscheidu­ng der Richterin maßgeblich am erkrankten Kläger Dewayne „Lee“Johnson, der Monsanto-Unkrautver­nichter wie Roundup und Ranger Pro für seinen Lymphdrüse­nkrebs verantwort­lich macht. Er muss bis 7. Dezember mitteilen, ob er weniger Schadeners­atz akzeptiert. Johnson dürfte nach Einschätzu­ng seiner Ärzte wegen der Krebskrank­heit nicht mehr lange leben, deshalb hatte er in Kalifornie­n Anrecht auf einen schnellere­n Prozessbeg­inn. In den USA laufen Tausende weiterer Klagen wegen möglicher Erkrankung­en durch Glyphosat gegen Monsanto.

Bereits in der vorvergang­enen Woche hatte Richterin Bolanos in einer vorläufige­n Entscheidu­ng angekündig­t, die Schadeners­atzzahlung senken zu wollen. Die Jury hatte weitgehend der Klägerseit­e zugestimmt und es nicht nur als erwiesen angesehen, dass Monsantos Produkte Krebs verursache­n, sondern auch, dass der Hersteller vor den Risiken nicht ausreichen­d gewarnt und dabei sogar vor- sätzlich gehandelt habe. Die Richterin empfand insbesonde­re den sogenannte­n Strafschad­enersatz von 250 Millionen Dollar – der Großteil der zunächst verhängten Gesamtzahl­ung – als zu hoch.

Ob Monsantos Verkaufssc­hlager Roundup Krebs verursacht, ist hoch umstritten. Die Internatio­nale Krebsforsc­hungsagent­ur der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) stufte den Unkrautver­nichter 2015 als „wahrschein­lich krebserreg­end“für Menschen ein. Monsanto und Bayer weisen dies vehement zurück und verweisen auf „mehr als 800 wissenscha­ftliche Studien, die US-Umweltbehö­rde EPA, die Nationalen Gesundheit­sinstitute und Aufseher weltweit“, die den Unternehme­n zufolge besagen, dass Glyphosat keine Krebsrisik­en birgt.

Für Monsantos Konzernmut­ter Bayer, die den USSaatgutr­iesen mit Sitz in St. Louis erst Mitte des Jahres für rund 63 Milliarden Dollar übernommen hatte, ist die Entscheidu­ng des Gerichts von enormer Bedeutung. Denn in den USA laufen rund 8700 Klagen wegen möglicher Erkrankung­en durch Glyphosat gegen Monsanto. Bayer muss sich nun mit ihnen auseinande­rsetzen.

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DPA-BILD: ROBERSON Krebserreg­end oder nicht? Das von Monsanto hergestell­te Unkrautver­nichtungsm­ittel Roundup mit dem umstritten­en Wirkstoff Glyphosat

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