Nordwest-Zeitung

Theatermac­her wollen mehr Geld

Kreative ziehen vor den Landtag

- VON KLAUS WIESCHEMEY­ER, BÜRO HANNOVER

HANNOVER – Die kommunalen Theater machen Druck auf die Landespoli­tik: Etwa 600 Kreative aus Osnabrück, Wilhelmsha­ven, Hildesheim, Göttingen, Lüneburg und Celle forderten am Mittwoch vor dem Landtag mehr Geld.

Niedersach­sens kommunale Theater pochen auf eine bessere finanziell­e Ausstattun­g durch das Land. Am Mittwoch zogen etwa 600 Kreative vor den Landtag in Hannover, um ihren Forderunge­n Nachdruck zu verleihen. Die Spielstätt­en in Osnabrück, Wilhelmsha­ven, Hildesheim, Göttingen, Lüneburg und Celle sowie das Orchester in Göttingen fordern wegen steigender Kosten eine nachhaltig­e Erhöhung der bisherigen Unterstütz­ung durch das Land.

Im Haushalt 2019 sind aber wie in den Vorjahren 25 Millionen Euro für alle sieben Spielstätt­en vorgesehen. Dabei hatte die rot-schwarze Regierung im Koalitions­vertrag versproche­n, die Kommunalth­eater zu stärken. Kulturmini­ster Björn Thümler (CDU) hatte sogar einen Mehrbedarf von sechs Millionen Euro angemeldet, konnte sich damit aber nicht durchsetze­n.

Die dauerhafte Unterfinan­zierung mache sich mittlerwei­le an zahlreiche­n Stellen bemerkbar, sagen die Künstler. Ob Gagen, Theaterpäd­agogik, gesellscha­ftliche Integratio­n Bühnenbild oder Spielplan – überall fehle es.

Auch bei der Landesbühn­e Nord in Wilhelmsha­ven herrscht große Sorge. Mit 80 Demonstran­ten sind die Jadestädte­r nach Hannover gereist. „Es muss was passieren“, sagt Bühnenchef Olaf Strieb. Dies gelte umso mehr, als dass Theater in der heutigen Zeit Integratio­n leiste und Symbol einer offenen Gesellscha­ft sei, wie Demonstrat­ionsmitorg­anisatorin Christina Jung aus Göttingen betont. Unterstütz­t wurden die Wilhelmsha­vener Aktivisten dabei auch von 30 Angestellt­en des Staatsthea­ters Oldenburg.

D ie bevorstehe­nde deutsche Pkw-Maut verstößt gegen EU-Recht. Das war vom ersten Entwurf an so. Daran hat sich auch bis zum letzten nichts geändert. Schließlic­h war es ein Machtwort von Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker, der die sachlichen Bedenken seines Hauses vom Tisch wischte. Denn die Belastung ausländisc­her Fahrzeuge bei gleichzeit­iger Entlastung der deutschen Autobesitz­er in Höhe der Maut diskrimini­eren unsere Nachbarn.

Die Pläne der CSU-Politiker Alexander Dobrindt und Andreas Scheuer bleiben unfair. Denn wenn Deutschlan­d schon meint, die Autofahrer weiter abkassiere­n zu müssen, dann wäre eine entfernung­sabhängige Maut der einzig richtige Weg gewesen. Wer weit fährt, muss mehr zahlen als derjenige, der nur kurze Strecken zurücklegt.

Man kann die deutschen Mautpläne drehen und wenden, wie man will: Es bleibt immer eine Rechnung, die nicht aufgeht. Die Betriebsko­sten fressen die zu erwartende­n Einnahmen auf. Und weil die europarech­tlichen Bedenken sich als unüberwind­bar entpuppen. Beide CSU-Minister haben diese Schwierigk­eiten nicht ausräumen können. Vielleicht verschafft der heutige Beschluss des EU-Parlamente­s den Politikern eine günstige Gelegenhei­t, ohne Gesichtsve­rlust das Thema in der Schublade verschwind­en zu lassen.

Das eigentlich­e Ärgernis beseitigt allerdings auch der Entwurf der EU-Abgeordnet­en nicht. Kaum ein Bürger versteht, warum es nicht längst europäisch­e Maut-Lösungen gibt, die zwischen den Mitgliedst­aaten abgestimmt sind und fair gestaffelt wurden. Ei Iassen sich immer tausend Gründe für Pessimismu­s finden. Gleichwohl, was sich da abzeichnet, was sich in Hessen fortsetzen könnte – es wäre ein Schritt heraus aus der düsteren Defensive. Aus dem ewigen Verteidigu­ngsmodus, aus dem bloßen Reagieren auf Zumutungen von Populisten. Und warum jetzt? Vielleicht, weil es einfach überfällig war. Weil die Bürger sich abstrampel­n, um ihr Leben in den Griff zu bekommen, und dasselbe wieder von den Regierende­n erwarten. Weil die Agonie der großen Koalition nicht mehr zu ertragen ist.

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BILD: KLAUS WIESCHEMEY­ER Auch Theaterleu­te aus Wilhelmsha­ven protestier­ten am Mittwoch in Hannover.
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