Nordwest-Zeitung

„*eneration Selfie“geht oft zum Schönheits­chirurgen

Bedürfnis nach körperlich­er Selbstopti­mierung wird größer – Spritzen in der Mittagspau­se

- VON GISELA GROSS

BERLIN – Nicht nur Zornesfalt­en sollen weg: Schönheits­chirurgen sehen bei Kunden durch den Druck sozialer Medien ein gewachsene­s Bedürfnis nach körperlich­er Selbstopti­mierung. Man sei konfrontie­rt mit der „Generation Selfie“, sagte Alexander Hilpert von der Deutschen Gesellscha­ft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellun­g von Umfrage-Ergebnisse­n unter rund 2000 ihrer Patienten.

Am häufigsten ließen diese demnach Faltenunte­rspritzung­en mit Füllstoffe­n (26,8 Prozent) und Botox-Behandlung­en (20,1) vornehmen.

Es gehe darum, auch kleine Makel loszuwerde­n, um auf Fotos noch besser rauszukomm­en, sagte DGÄPC-Präsident Torsten Kantelhard­t. „Die Leute möchten schon in jüngeren Jahren optimal aussehen, weil sie sich natürlich permanent vergleiche­n mit irgendwelc­hen Idealvorst­ellungen.“

Laut der Umfrage ist derzeit bei Männern ebenso wie bei Frauen mit etwa 30 Jahren ein Höhepunkt in der Altersvert­eilung erreicht. Was durch Training und Diät körperlich nicht erreichbar sei, das könnten Schönheits­chirurgen „vielleicht noch irgendwie hyperoptim­ieren“, sagte Kantelhard­t. Bei Kunden um die 30 würden sogar vorsorglic­h Ansätze von Falten behandelt.

Es gebe immer wieder Fälle, in denen Kunden mit ihren Ansprüchen gebremst werden müssten, ergänzte Hilpert. Auch prüfe man genau, ob die Menschen eine Behandlung tatsächlic­h selbst wollen – oder ob womöglich der Partner Druck ausübt. In der Umfrage gab die überwiegen­de Mehrheit an, dabei vor allem an sich zu denken. Das sagten 93 Prozent der Frauen und 82 Prozent der Männer zu ihrer Motivation. Gründe wie Partnersch­aft und Beruf nannten deutlich mehr Männer als Frauen, wenn auch mit insgesamt relativ niedrigen Zustimmung­swerten.

Den Zuwachs bei den Eingriffen ohne Skalpell erklärt Kantelhard­t mit dem erschwingl­icheren Preis und mit Alltagstau­glichkeit im Vergleich zu Operatione­n: Die Spritzen lässt man sich quasi in der Mittagspau­se geben. Ungefähr ein halbes Jahr halte die Wirkung an. Damit seien diese Behandlung­en eine „Einstiegsd­roge“, sagte er. Vor allem Frauen bevorzugte­n es, sich auf diese Weise erst einmal an Veränderun­gen heranzutas­ten – Männer setzten eher gleich auf eine Schönheits-OP.

Insgesamt sind Fettabsaug­en (8,6 Prozent), Brustvergr­ößerungen (8,4) und Oberlid-Straffunge­n (8,4) die häufigsten Operatione­n – sie gehören in den DGÄPC-Erhebungen stets zu den gefragtest­en. Jens Pasel, ebenfalls DGÄPC-Mitglied, warnte jedoch, dass es auch bei den sogenannte­n sanften Eingriffen Komplikati­onen geben könne, wenn Behandlung­en schnell und ungenau ausgeführt würden. Die Bezeichnun­g Schönheits­chirurg ist nicht geschützt.

Nach Schätzunge­n lassen etwa zwei Prozent der Bevölkerun­g einen Eingriff vornehmen, wie es bei der Fachgesell­schaft hieß. Es ist eine von mehreren in Deutschlan­d. Die Klientel kommt im Übrigen aus allen Schichten. Ein zentrales deutsches Register für Schönheits­operatione­n gibt es nicht. Patientenu­mfragen können somit lediglich auf Trends hinweisen.

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