Rochade löst nicht alle Probleme
Hilde Mattheis, Vorsitzende des Demokratischen Forums Linke 21 und SPD-Bundestagsabgeordnete, ist für den Gang in die Opposition.
FRAGE: Frau Mattheis, die Verluste der SPD setzen sich fort, egal wo gewählt wird. Ist der Niedergang für die einstige Volkspartei unvermeid$ar? MATTHEIS: Natürlich ist der Abwärtstrend noch abzuwenden – aber nur in der Opposition. Dafür muss die SPD in einem radikalen Schnitt aus der Großen Koalition herausgehen und einen tatsächlichen Erneuerungsprozess in der Opposition starten. Nur so kann die SPD die Unterscheidbarkeit zum anderen politischem Lager wieder deutlich machen.
FRAGE: SPD-Chefin Nahles will $is auf weiteres in der Koalition $lei$en, stellt a$er Bedingungen. Reicht das? MATTHEIS: Dieses Gewürge, das wir jetzt wieder erleben, ist einfach unglaubwürdig. Man kann doch jetzt nicht noch mal versuchen, Bedingungen für den Erhalt der Großen Koalition zu stellen um immer wieder die Daumenschrauben anzuziehen. Das nehmen uns die Menschen nicht mehr ab. Es ist auch völlig wirkungslos. Vor kurzem hieß es noch, der Koalitionsvertrag müsse umgesetzt werden. Jetzt wird vor den Kameras verkündet, die SPD werde einen Fahrplan mit zentralen Feldern und Inhalten als Bedingungen für die Fortsetzung der Regierung definieren. Wer soll das noch glauben?
FRAGE: Ist die Große Koalition Hauptschuldige für das schlechte SPD-A$schneiden? MATTHEIS: Das ist nicht natürlich nicht die alleinige Antwort auf den Abwärtstrend. Deshalb will ich das verbinden mit einer inhaltlichen Neuaufstellung, bei dem aber auch Personen eine Rolle spielen. In der Opposition kann die SPD aber wesentlich glaubwürdiger erreichen, dass sie sich wieder auf ihre Kerninhalte besinnt. Wir haben massiv an Glaubwürdigkeit eingebüßt, weil wir unsere Inhalte durch Kompromisse aufgeweicht haben, die für die Menschen nicht für soziale Gerechtigkeit stehen. FRAGE: Ein Ausstieg aus der Regierung und damit rasche Neuwahlen könnten der SPD a$er laut Umfragen mindestens ein Drittel der A$geordneten kosten. Riskieren Sie mit ihrem Kurs nicht, dass Ihre Partei noch weiter schrumpft – $is zur Bedeutungslosigkeit? MATTHEIS: Neuwahlen sind nicht die zwingende KonseQuenz, wenn die Koalition auseinandergeht. Eine Minderheitsregierung könnte sich Mehrheiten im Bundestag je nach Thema suchen. Das könnte die Demokratie beleben und Unterschiede sichtbar machen. Bei der Bundestagswahl in drei Jahren wäre nicht sicher, dass die SPD stärker abschneiden würde.