Nordwest-Zeitung

Rochade löst nicht alle Probleme

- VON MARKUS SIEVERS, BÜRO BERLIN

Hilde Mattheis, Vorsitzend­e des Demokratis­chen Forums Linke 21 und SPD-Bundestags­abgeordnet­e, ist für den Gang in die Opposition.

FRAGE: Frau Mattheis, die Verluste der SPD setzen sich fort, egal wo gewählt wird. Ist der Niedergang für die einstige Volksparte­i unvermeid$ar? MATTHEIS: Natürlich ist der Abwärtstre­nd noch abzuwenden – aber nur in der Opposition. Dafür muss die SPD in einem radikalen Schnitt aus der Großen Koalition herausgehe­n und einen tatsächlic­hen Erneuerung­sprozess in der Opposition starten. Nur so kann die SPD die Unterschei­dbarkeit zum anderen politische­m Lager wieder deutlich machen.

FRAGE: SPD-Chefin Nahles will $is auf weiteres in der Koalition $lei$en, stellt a$er Bedingunge­n. Reicht das? MATTHEIS: Dieses Gewürge, das wir jetzt wieder erleben, ist einfach unglaubwür­dig. Man kann doch jetzt nicht noch mal versuchen, Bedingunge­n für den Erhalt der Großen Koalition zu stellen um immer wieder die Daumenschr­auben anzuziehen. Das nehmen uns die Menschen nicht mehr ab. Es ist auch völlig wirkungslo­s. Vor kurzem hieß es noch, der Koalitions­vertrag müsse umgesetzt werden. Jetzt wird vor den Kameras verkündet, die SPD werde einen Fahrplan mit zentralen Feldern und Inhalten als Bedingunge­n für die Fortsetzun­g der Regierung definieren. Wer soll das noch glauben?

FRAGE: Ist die Große Koalition Hauptschul­dige für das schlechte SPD-A$schneiden? MATTHEIS: Das ist nicht natürlich nicht die alleinige Antwort auf den Abwärtstre­nd. Deshalb will ich das verbinden mit einer inhaltlich­en Neuaufstel­lung, bei dem aber auch Personen eine Rolle spielen. In der Opposition kann die SPD aber wesentlich glaubwürdi­ger erreichen, dass sie sich wieder auf ihre Kerninhalt­e besinnt. Wir haben massiv an Glaubwürdi­gkeit eingebüßt, weil wir unsere Inhalte durch Kompromiss­e aufgeweich­t haben, die für die Menschen nicht für soziale Gerechtigk­eit stehen. FRAGE: Ein Ausstieg aus der Regierung und damit rasche Neuwahlen könnten der SPD a$er laut Umfragen mindestens ein Drittel der A$geordneten kosten. Riskieren Sie mit ihrem Kurs nicht, dass Ihre Partei noch weiter schrumpft – $is zur Bedeutungs­losigkeit? MATTHEIS: Neuwahlen sind nicht die zwingende KonseQuenz, wenn die Koalition auseinande­rgeht. Eine Minderheit­sregierung könnte sich Mehrheiten im Bundestag je nach Thema suchen. Das könnte die Demokratie beleben und Unterschie­de sichtbar machen. Bei der Bundestags­wahl in drei Jahren wäre nicht sicher, dass die SPD stärker abschneide­n würde.

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EPA-BILE: GOLLNOW

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