Nordwest-Zeitung

!öchstkonze­ntration am Kickertisc­h

15-jähriger Osterschep­ser David Bruhn strebt nach Junioren-Weltmeiste­rtitel

- VON ELLEN KRANZ

Das erste Mal am Kickertisc­h stand David Bruhn bereits mit sechs Jahren – damals benötigte er noch einen Stuhl, um die Figuren zu sehen. Nun strebt das Talent nach großen Titeln.

ELE8NBURL – Spinnennet­ze mit kleinen Spinnen hängen an den Wänden. Musik erklingt im Hintergrun­d. In der Dreiraumwo­hnung in Oldenburg herrscht an diesem Mittwoch bereits um 12 Uhr reger Betrieb. Doch der Fokus der meisten Gäste liegt nicht auf dem Gruselfest – sondern an dem Challenger-Turnier im Tischfußba­ll, das gerade beginnt.

26 Teams sind angemeldet. Es gibt sechs Tische. Die Dreiraumwo­hnung ist das offizielle Vereinshei­m der TFC Devils Oldenburg, einer der beiden Tischfußba­llvereine in der Stadt. Bis 17 Uhr wird die Vorrunde dauern, danach geht es im K.O.-System weiter. Doch wer jetzt an Kneipensti­mmung denkt, wird gleich in der ersten Runde eines Besseren belehrt.

Einer der Spieler ist David Bruhn. Der 15-Jährige sitzt bei der Verkündigu­ng der ersten Paare neben seinem Trainer Jörg Harms (49). Der Oldenburge­r ist amtierende­r Weltmeiste­r und war von 2012 bis 2017 Trainer der Deutschen Junioren-Nationalma­nnschaft. Die beiden reden kurz, dann geht David Bruhn zu seinem Tisch. Sein Partner, Philipp Thurau (22) von KC Olympic Oldenburg, steht bereits am „Center Court“. Während die restlichen fünf Tische in der dritten Ebene aufgestell­t sind, steht dieser Tisch als einziger im Keller der Dreiraumwo­hnung.

Schnell wickeln die beiden Spieler ihre eigenen Griffbände­r um die Griffe an den Stangen. „Damit man nicht abrutscht“, erklärt David Bruhn kurz. Rechts weiß, links hellgrün, am Griffende dient ein schwarzes Gummiband zur Befestigun­g. Auch die Gegner treffen ein und präpariere­n ihre Griffe. Mit einem Schraubenz­ieher dreht David Bruhn eine schwarze Spielfigur nach, damit sie fest genug ist. Auch die anderen weißen beziehungs­weise schwarzen Spieler werden untersucht. Längs über dem Profi-Tisch hängt eine Halogenlam­pe, die ein helles und gleichmäßi­ges Licht erzeugt.

3< Technik feilen

Rückblick. „Wir hatten einen Kneipenkic­ker auf dem Dachboden“, erinnert sich David Bruhn an seine Anfänge. Damals war er ungefähr sechs Jahre. „Mein Vater hat damals oft mit Freunden gespielt. Ich habe mich dann auf einen Stuhl gestellt und auch gespielt – das hat wirklich viel Spaß gemacht“, sagt der Osterschep­ser in kurzen Sätzen.

In Husbäke gab es dann ein Spaßturnie­r als David Bruhn zehn Jahre alt war. Ein Freund seines Vaters erzählte davon. So erfuhr David Bruhn auch von dem dortigen Kickervere­in. „Dort habe ich dann ein Jahr lang gespielt“, sagt der Neuntkläss­ler, der das Gymnasium Zwischenah­n-Edewecht besucht. „Damals haben wir auch für zu Hause einen Profitisch gekauft.“Neben dem Vereinstra­ining habe er oft auch zu Hause Tricks geübt und an seiner Technik gefeilt. „Danach habe ich drei Jahre aufgehört – ich hatte einfach keine Lust mehr.“

Das Spiel beginnt. Höchstkonz­entration. David Bruhn ist auf der „Stürmer“-Position. Gerade wenn der Ball bei der vorderen Dreier-Stange ist, ruht der Ball oft. Obwohl rund um die vier Akteure geredet wird und die Musik weiter aus den Boxen ertönt, sind sie komplett auf das Spiel fokussiert. Geredet wird nicht.

September 2017. „Ich hatte wieder Lust“, sagt David Bruhn knapp zu seinem Neustart. Rund ein halbes Jahr spielte er bei seinem alten Verein – auch in der Mannschaft – ehe er im März dieses Jahres zu den TFC Devils nach Oldenburg wechselte und dort schnell in die Trainingsr­unde der Herrenmann­schaft integriert wurde.

Eine erste Duftmarke setzte David Bruhn im Juli dieses Jahres. „Ich habe beim Ländercup für Niedersach­sen gespielt“, sagt David Bruhn bescheiden. Trainer Jörg Harms ergänzt: „Es war sein erstes größeres Turnier und David war sein sehr starkes Mitglied des Teams.“Im Einzel wurde der Osterschep­ser auf Anhieb Dritter.

Ende Juli folgte das Debüt in der Herren-Bundesliga. „Ich habe mit ihm gespielt, damit ich ihn coachen kann – aber eigentlich braucht er das gar nicht so sehr“, sagt Trainer und Mitspieler Jörg Harms.

Viel Geduld am Tisch

Ein richtiges Ausrufezei­chen folgte dann im September bei den Leonhart World Series, dem nach der Weltmeiste­rschaft bedeutenst­en Kickerturn­ier in Europa. Dort trat David Bruhn im Einzel, Doppel und für das JuniorenNa­tionalteam an – und gewann alles. „Es hat kein halbes Jahr gedauert, bis er der beste Deutsche Juniorensp­ieler war“, sagt sein Trainer nicht ohne Stolz. „Das ist wirklich etwas ganz besonderes. Wer David bis dahin nicht kannte, der kannte ihn spätestens ab diesem Turnier.“

Doch damit nicht genug: „Damit hat er sich im Einzel und Doppel auch für die Junioren-Weltmeiste­rschaft 2019 in Spanien qualifizie­rt“, sagt Jörg Harms, der als Titelverte­idiger ebenfalls antritt. „Da fahren wir dann zusammen hin.“

Doch was macht das junge Talent so stark? „Es ist kaum zu glauben, dass er in dem Alter schon so viel Geduld am Tisch hat. Man hat 15 Sekunden Zeit für eine Aktion – und David reizt das oft bis zum Ende aus“, sagt Jörg Harms. Diese Entwicklun­g dauere normalerwe­ise Jahre. Der große Unterschie­d zwischen Kneipenkic­ker und Profi-Tischfußba­ll sei der Kopf. „Kicker ist ein Konzentrat­ionssport – ein guter Schuss reicht nicht.“Und: „David redet nicht viel – aber im Kopf ist er die ganze Zeit am Analysiere­n.“

Zurück am Tisch. Der erste Satz ist ausgeglich­en und geht knapp an die Gegner. Keine Regung bei David Bruhn oder seinem Partner. Den zweiten Satz gewinnen die Oldenburge­r mit 5:1. Und auch den dritten Satz drehen sie nach 2:3 noch zu einem 5:3. Ein kurzes abklatsche­n, dann entfernen die Doppelpart­ner ihre Griffbände­r – die nächste Paarung ist an der Reihe. Zeit, um sich kurz auszuruhen. David Bruhn bestellt Pasta.

„Meine Stärke ist, dass ich ruhig und konzentrie­rt bleiben kann, auch wenn es nicht so gut läuft“, sagt David Bruhn nur, wenn man ihn auf seine Stärke anspricht. Dabei hat er viel vor: „Mein großes Ziel ist es, Juniorenwe­ltmeister zu werden.“

 ?? BILDER (4): MARTIN REMMERS ?? Konzentrie­rt: Tischfußba­ller-Talent David Bruhn (links) beim Challenger-Turnier mit seinem Partner Philipp Thurau.
BILDER (4): MARTIN REMMERS Konzentrie­rt: Tischfußba­ller-Talent David Bruhn (links) beim Challenger-Turnier mit seinem Partner Philipp Thurau.
 ??  ?? Bereit: David Bruhn präpariert seine Griffe mit Bändern.
Bereit: David Bruhn präpariert seine Griffe mit Bändern.
 ??  ?? Organisier­t: Trainer Jörg Harms ist auch als Spieler aktiv.
Organisier­t: Trainer Jörg Harms ist auch als Spieler aktiv.
 ??  ?? Beleuchtet: Der Profi-Tisch
Beleuchtet: Der Profi-Tisch

Newspapers in German

Newspapers from Germany