Für gleichen Lohn auf die Barrikaden
Gruppe von Arbeiterinnen kämpft um gerechtere Bezahlung – Thema immer noch aktuell
Der unterhaltsame Film „Keiner schiebt uns weg“ist ein Höhepunkt der ARD-Themenwoche „Gerechtigkeit“. Ausgestrahlt wird er am 14. November.
GELSENKIRCHEN – Gleiche Löhne für Mann und Frau: „Wer kommt denn auf sowas?!?“Das umschreibt ganz gut die Geisteshaltung, die Ende der 1970er Jahre noch in der BRD herrscht. Die Sozialkomödie „Keiner schiebt uns weg“, die das Erste am 14. November um 20.15 Uhr ausstrahlt, erzählt nach einem wahren Fall von einer Gruppe Gelsenkirchener Fotolaborantinnen, die für gleiche Löhne bis vors Bundesarbeitsgericht zieht. Dass das Thema heute, fast 40 Jahre später, längst nicht erledigt ist, darauf weist der Film zu Recht hin: In Deutschland verdienen Frauen noch immer rund 21 Prozent weniger als Männer.
Alles beginnt damit, dass Lilli (Alwara Höfels) zufällig einen Blick auf den Gehaltszettel ihres Mannes Kalle (Karsten Antonio Mielke) wirft: Sie kann nicht fassen, dass er fünfmal so hohe Zula- gen erhält wie sie selbst – obwohl er erst seit wenigen Wochen in dem großen Fotolabor arbeitet und sie ihn dort angelernt hat. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Gerda (Imogen Kogge) und Rosi (Katharina Marie Schubert) und dem Betriebsrat Ritschi (Christoph Bach) geht sie auf die Barrikaden. Als die Unternehmensleitung abwiegelt, beschließen die vier, vor Gericht zu ziehen. Dazu gilt es, die männerdominierte Gewerkschaft sowie weitere Kolleginnen von dem Anliegen zu überzeugen. Was schließlich auch mit der Hilfe von ein paar Pils und dem Beschwören einer solidarischen Ruhrpott-Seele gelingt.
Den ersten Prozess verlieren sie trotzdem: Der Richter folgt der dünnen Argumentationslinie des Unternehmens, das von einer systematischen Ungleichbehandlung nichts wissen will und sich auf Einzelfälle und strukturelle Gründe beruft. Deshalb zieht die Truppe bis vors Bundesarbeitsgericht, und zwar erfolgreich. Doch der Weg dorthin ist auch aus privaten Gründen steinig: Während Lilli, das „Zugpferd“der Aktion, ihre beiden Kinder quasi allein großzieht, Geldsorgen hat und noch von Kalle betrogen wird, darf Rosis konservativer Mann Wolfgang nichts von ihrer Erwerbstätigkeit wissen. Sie arbeitet heimlich, um den Traum vom wohlhabenden Familienleben aufrechtzuerhalten – denn Wolfgang überschätzt sich finanziell, hält aber auch sturköpfig an seiner Illusion des alleinigen „Ernährers“fest.
Die Drehbuchautoren Ulla Ziemann und Sebastian Orlac fahren gut mit der klassischen David-gegen-Goliath-Dramaturgie ihres Films, dem Motiv der zunächst belächelten Außenseiter, die gemeinsam zu ungeahnter Stärke finden. Lilli, Gerda und Co. bekommen dabei überzeugende Biografien und Konflikte verpasst: Lebensnah etwa ist die auf Eindeutigkeiten verzichtende Liebesbeziehung zwischen Lilli und Kalle.
Stimmig gerät auch die Zeichnung des Arbeitermilieus, was nicht zuletzt an der guten Arbeit von Kostüm und Ausstattung liegt. Der dazugehörige schnoddrig-bodenständige Ton der Dialoge geht den hervorragenden Darstellern leicht von den Lippen. Auch der österreichische Komödienfachmann Wolfgang Murnberger liefert mit seiner routinierten Regie gewohnt gute Arbeit ab.
Damit ist der Film, der im Rahmen der ARD-Themenwoche „Gerechtigkeit“ausgestrahlt wird, ein lebendiger, unterhaltsamer Beitrag zu einem beschämenderweise noch immer aktuellen Thema geworden.