Nordwest-Zeitung

Demokratie in den USA funktionie­rt

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Prof. Torsten Selck ist Politikwis­senschaftl­er der Carl von Ossietzky Universitä­t Oldenburg. Der 46-Jährige analysiert den Ausgang der Kongresswa­hlen in den USA.

VOr OLIVER SCHULZ

FRAGE: Ze Prof. Selck, üblicherwe­ise fühlen sich nach Wahlen alle Parteien als Gewinner. Wer hat in den USA tatsächlic­h Grund zum Jubel? SELCK: Ich denke, dass bei den Demokraten vor allem die Erleichter­ung überwiegt, ihre Wähler erfolgreic­h mobilisier­t zu haben. Das hätte nach dem Debakel der Präsidents­chaftswahl von 2016 noch schlechter laufen können, und es weckt Hoffnungen für 2020. FRAGE: Hat es allein am Widerstand gegen Trumps Politik und Rhetorik gelegen, dass die Demokraten das Repräsenta­ntenhaus zurückerob­ert haben? SELCK: Darauf lässt die hohe Wahlbeteil­igung schließen. Unter den Wählern waren diesmal deutlich mehr Frauen beziehungs­weise junge Menschen, die sich von Trump extrem abgestoßen fühlen. FRAGE: Was heißt: Trump kann nicht durchregie­ren? SELCK: Da das Repräsenta­ntenhaus nun in demokratis­cher Hand ist, wird es für die Republikan­er viel schwerer Gesetze durchzubri­ngen und Finanzmitt­el zu genehmigen, zum Beispiel für die umstritten­e Mauer an der Grenze zu Mexiko. Wenn Trump etwas bewegen will, muss er lernen, Kompromiss­e zu finden. Das wird sehr spannend.

FRAGE: Welche +ehren ziehen Sie aus den Wahlergebn­issen? SELCK: Dass die Demokratie in den USA funktionie­rt. Das System der „Checks and Balances“– also Überprüfun­g und Ausgleich – hält die Gewaltente­ilung aufrecht. Durch die neue Machtverte­ilung im Kongress ist die gegenseiti­ge Kontrolle wieder stärker. Die Verfassung wurde deshalb so konstruier­t – wegen Leuten wie Trump.

FRAGE: Anderersei­ts hat sich Trump mit der ,ischung aus -rachialrhe­torik, -ehauptunge­n und +ügen bei seinen Stammwähle­rn durchgeset­zt. SELCK: Er war in den Staaten des Mittleren Westens während des Wahlkampfe­s sehr präsent und hat dort die Zustimmung seiner Klientel – also den weißen, gottesfürc­htigen, Waffen liebenden Mann – gesichert. Das wirkt zuverlässi­g mit absurden Mutmaßunge­n und diffusen Ängsten. FRAGE: .st ein Trump-Herausford­erer für /0/0 in Sicht? SELCK: Nein. Typen wie Bernie Sanders sind zwar erfolgreic­h, aber viel zu extrem. Er wäre weder dem eigenen Lager noch Wechselwäh­lern zu vermitteln. Ob man Trump zwingend mit dem entgegenge­setzten Typus bezwingen kann, glaube ich nicht. Es wird vor allem darum gehen, Brücken zu bauen, ausgleiche­nd und besonnen zu wirken. Es wird zudem nicht einfacher, die Menschen in den „Echokammer­n“der sozialen Netzwerke zu erreichen.

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BILD: UNIVERSITÄ­T OLDENBURG

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