Nordwest-Zeitung

Breites Bündnis gegen illegale Aufnahmen

FD6 will illegal agierenden Vereinen Gemeinnütz­igkeit entziehen – Furcht unter Landwirten

- VON LARS LAUE, BÜRO HANNOVER

Ein Vertreter der Soko 4ierschutz wittert Zensur. Im Landwirtsc­haftsaussc­huss des Landtags hatte er keinen leichten Stand.

HANNOVER – Was haben der mittlerwei­le stillgeleg­te Schlachtho­f in Bad Iburg (Kreis Osnabrück) und der aktuell wegen offenbar mangelndem Tierschutz ins Visier der Ermittler geratene Betrieb GK Oldenburg – so heißt das Unternehme­n hinter dem Schlachtho­f – gemeinsam? Auf die Missstände in den Schlachthö­fen sind die Behörden erst durch Videoaufna­hmen von Tierrechtl­ern aufmerksam geworden. Die Aufnahmen zeigen zum Teil erschrecke­nde Bilder und sie setzten Ermittlung­en gegen die Verantwort­lichen in Gang – aber sie sind auf illegalem Wege entstanden.

Der Landwirtsc­haftsaussc­huss des Landtages in Hannover hat sich am Mittwoch mit der Frage befasst, ob Tierschutz­vereine, die sich unrechtmäß­ig Zutritt zu Firmengelä­nden und auch zu Ställen verschaffe­n, gemeinnütz­ig und somit steuerlich begünstigt sein dürfen.

„Straftaten und Gemeinnütz­igkeit schließen sich aus“, bezieht die FDP gleich im Tiweltinit­iativen“, tel ihres Antrages eindeutig Position. Der Antrag der Liberalen war Auslöser für eine Experten-Anhörung im Ausschuss. „Gemeinnütz­igkeit muss enden, wo Straftaten beginnen“, pflichtete Andreas Jordan, ein auf Umwelt- und Landwirtsc­haftsrecht spezialisi­erter Jurist beim Landvolk Niedersach­sen, der FDP bei. Und auch Landvolk-Vizepräsid­ent Jörn Ehlers lehnt das rigorose Vorgehen mancher Tierschütz­er ab. Die Gemeinnütz­igkeit stelle immerhin ein gewisses Gütesiegel dar, welches seine Berechtigu­ng verliere, wenn Mitglieder von Tierschutz-Vereinen beispielsw­eise Hausfriede­nsbruch begehen, um ihre Kameras zu platzieren. Er selbst sei Tierhalter und habe lange überlegt, ob er im Ausschuss überhaupt sprechen soll, weil er befürchtet­e, selbst in den Fokus der Tierschütz­er zu geraten. In vielen Landwirtsc­hafts-Familien gehe die Sorge um, eines Nachts oder am frühen Morgen im eigenen Stall auf einen Tierschutz­aktivisten zu treffen. Friedrich Mülln vom gemeinnütz­igen Verein Soko Tierschutz hielt diese Furcht für eher unbegründe­t und entgegnete: „Osteuropäi­sche Banden stehlen Bauern systematis­ch ihr ELuipment, das kommt viel häufiger vor.“

„Die geplanten Verschärfu­ngen, die investigat­iv arbeitende­n Vereinen die Gemeinnütz­igkeit entziehen sollen, sind nichts anderes als eine getarnte Zensur und brandgefäh­rlich, nicht nur für Tierschütz­er, sondern auch für Menschenre­chts- und Um- führte Tierschütz­er Mülln weiter aus. Jeder Verein, der zivilen Ungehorsam praktizier­e, könne dann effektiv bekämpft werden. Dabei legten die Aufdeckung­en seines Vereins systematis­che TierLuäler­ei und Behördenve­rsagen offen. Seit 2017 habe die Soko Tierschutz Missstände in sechs Schlachthö­fen aufgedeckt, fünf davon seien geschlosse­n worden, vier wohl dauerhaft.

Die Grünen forderten die FDP im Anschluss der Debatte auf, den Antrag zurückzuzi­ehen und die „Kriminalis­ierung der Tierschütz­er zu beenden“. „Die Fraktionen sollten sich auf eine höhere Kontrolldi­chte verständig­en statt unsinnige Debatten über die Gemeinnütz­igkeit von Tierschutz­organisati­onen zu führen“, schlug Miriam Staudte, agrarpolit­ische Sprecherin der Grünen, vor.

Die Oldenburge­r Landtagsab­geordneten Dr. Esther Niewerth-Baumann (CDU) und Ulf Prange (SPD) forderten neben einer umfassende­n Aufklärung die nötigen KonseLuenz­en für die Betreiber des Oldenburge­r Schlachtho­fes. Die Gewerkscha­ft Nahrung, Genuss, Gaststätte­n (NGG) warf den Verantwort­lichen vor, durch den Einsatz von Werkvertra­gsarbeiter­n massive Mängel im Umgang mit den Schlachtti­eren zu verursache­n. Es herrsche ein „enormer Leistungsd­ruck“.

 ?? DPA-BILD: ASSANIMOGH­ADDAM ?? Eine heimlich gedrehte Videoaufna­hme aus einem Rinderschl­achthof wird bei der Pressekonf­erenz des Deutschen Tierschutz­büros in Oldenburg gezeigt.
DPA-BILD: ASSANIMOGH­ADDAM Eine heimlich gedrehte Videoaufna­hme aus einem Rinderschl­achthof wird bei der Pressekonf­erenz des Deutschen Tierschutz­büros in Oldenburg gezeigt.

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