Oldenburger kämpft gegen Naturgewalt
Boris Herrmann wehrt sich bei Route du Rhum erfolgreich gegen Sturm über dem Atlantik
Alle vier Jahre treten Solosegler bei der legendären Fahrt an. Das Wetter stellt sie vor große Herausforderungen – so musste schon ein französischer Segelstar in Seenot gerettet werden.
DAINT-MALO/OLDENBURG – Boris Herrmann kauert unter Deck seiner „Malizia II“, um die 18 Meter lange Yacht tobt ein Sturm über den Atlantik. „Es ist sehr laut, wir schlagen gegen jede Welle, und es ist quasi unmöglich zu schlafen“, sagt Herrmann in die BordKamera. Immer wieder wird er von heftigen Böen und Brechern durchgerüttelt.
Der 37-jährige gebürtige Oldenburger berichtet mit erstaunlich ruhiger Stimme und gelassenem Gestus von hoher See. Dabei gibt es nach den schweren Zwischenfällen bei der legendären Solo-Transatlantikregatta Route du Rhum durchaus Grund zur Beunruhigung. Am Dienstag geriet der französische Segelstar Armel Le Cleac’h in Seenot und wurde erst Stunden später von einem Fischtrawler gerettet. Zuvor waren mehrere Mastbrüche vermeldet worden. Die Jubiläumsausgabe 40 Jahre nach der ersten Route du Rhum hat es in sich. „Ich bin froh, dass mein Boot noch ganz ist“, sagt Herrmann: „Weiter geht’s.“
Seit 1978 kämpfen alle vier Jahre Solosegler aus aller Welt gegen die Wetterkapriolen im Nordatlantik an, Herrmann ist in diesem Herbst als erster Deutscher in der Imoca-Klasse am Start. Die Teilnahme ist für den Wahl-Hamburger ein Meilenstein auf dem Weg zur Vendée Globe 2020/21, der härtesten Einhand-Regatta nonstop um den Globus. Seine Kampagne wird gefördert von Pierre Casiraghi, seines Zeichens Vizepräsident des „Yacht Club de Monaco“und Sohn von Prinzessin Caroline.
Auf dem Weg von SaintMalo in der Bretagne nach Guadeloupe in der Karibik ist Herrmann nun aber komplett auf sich allein gestellt, was gerade bei stürmischen Bedingungen besonders schwierig ist. Er muss die Yacht auf Kurs halten – rund 6600 Kilometer sind zurückzulegen – und permanent den Wind im Blick haben, um sich mit einer geschickten Routenwahl der starken Konkurrenz zu erwehren. Dabei darf der Skipper aber nicht vergessen zu schlafen und zu essen. Eine gefriergetrocknete Pasta mit Huhn aus dem Beutel kann schon mal ein Highlight eines Tages auf hoher See sein.
In der Vorbereitung zielte Herrmann neben einer starken Physis vor allem auf eine starke mentale Fitness ab. „Ich habe mit einem Mentaltrainer zusammengearbeitet, um in den kurzen Entspannungsphasen das Maximum herauszuholen“, sagte er vor dem Start, den Tausende Segelfans an der französischen Küste verfolgten. Mehr als eine Woche dürfte der Profisegler noch unterwegs sein.
Ziel Nummer eins bleibt für Herrmann, der am Mittwoch auf halber Strecke zwischen Portugal und den Azoren auf Rang fünf seiner Klasse lag, seine Yacht in einem Stück zurückzubringen. Das ist bei der Route du Rhum nicht selbstverständlich.