Von Tragik und poetischer Wucht
Gchweizer Autorin Michèle Minelli mit „Kibum“9Preis geehrt
Die 509Jährige erhielt die Auszeichnung in Olden9 burg für ihr Jugendbuch9 debüt. Die Jury würdigte sie als „kraftvolle“neue literarische Stimme.
OLDENBURG – „Passiert es heute? Passiert es jetzt?“– mit einem klaren „Ja“wurde am Mittwochabend die Frage im Romantitel der Schweizer Autorin Michèle Minelli beantwortet. Für ihr Jugendbuchdebüt erhielt sie im Alten Rathaus den renommierten Kinderund Jugendbuchpreis der Stadt Oldenburg. Die 50-Jährige war eine von drei Nominierten für die mit 8000 Euro dotierte Auszeichnung.
Die Autorin habe sprachlich und dramaturgisch „eine Tragödie mit großer poetischer Wucht“inszeniert, begründete Jurorin Christine Paxmann, Herausgeberin der Zeitschrift „Eselsohr“, die Entscheidung der Jury. Da erklinge eine neue literarische Stimme, „die kraftvoll und zart zugleich ist“. Er bewundere den Roman für den „Mut, im Erzählen einen Schlüssel zum Erwachsenwerden zu erkennen“, sagte Autor Nils Mohl in seiner Laudatio. Er hatte den „Kibum“-Preis im Jahr 2011 erhalten.
Tyrannenmord
Minellis Jugendbuch erzählt von dem knapp 16-jährigen Wolfgang, der gleich zu Beginn von der Polizei in die geschlossene Jugendpsychiatrie gebracht wird. In seinen Gesprächen mit dem Psychologen entsteht das Bild einer Familie, die vom tyrannischen Vater beherrscht und unterdrückt wird. Bis eine Schwelle überschritten ist, bis er Frau und Kinder sogar mit der Armeewaffe bedroht.
Drei Staatsanwälte hat Michèle Minelli bemüht, um ihren Protagonisten Wolfgang in der Fiktion vor dem Gefängnis zu bewahren. „Es gibt den Begriff des ,Tyrannenmordes‘“, erklärt die 50-Jährige. Der einzige und nicht nur in der Schweiz gangbare Weg, ihn noch zu retten.
Wolfgangs Familie existiert tatsächlich und ist der Autorin „aus mäßiger Entfernung“bekannt. In der Realität hat das schreckliche Familienszenario ein etwas anderes Ende genommen: Der Vater lebt, der Sohn sitzt im Gefängnis. Auch gehörte die Waffe nicht dem Vater, sondern dem Jungen. Grundsätzlich ist es in der Schweiz aber üblich, dass ausgemusterte Soldaten ihre Waffe zu Hause aufbewahren. „Das hat mich immer geplagt“, sagt die Autorin, deren Buch in diesem Jahr im Wiener Jungbrunnen Verlag erschienen ist. Er hatte es ohne ihr Wissen eingereicht.
Aus den 238 Einsendungen, darunter 64 verlegte Werke und 174 Manuskripte, hatte die Jury zunächst drei Nominierte ausgewählt – drei Frauen. Nur 20 Prozent der eingereichten Texte stammten diesmal von Männern. Von literarischem Mut zeugten alle nominierten Texte, erläuterte Jurorin Birgit Müller-Bardorff. Es seien Texte, die „in Erinnerung bleiben“.
Verlag gefunden
Stepanie Quitterer, 1982 in Niederbayern geboren, hat bereits einen Verlag gefunden. Ihr Jugendroman „Weltverbessern für Anfänger“wird im Gerstenberg Verlag (Hildesheim) erscheinen. Die 28jährige Maya Alou aus Freiburg dagegen, die mit ihrer märchenhaften Bilderbucherzählung „Herbstspaziergänge“die Jury für sich eingenommen hatte, ist noch auf der Suche.
Von den bisherigen Preisträgern, die nur ein Manuskript eingereicht hatten, haben bis auf eine Ausnahme alle einen Verlag gefunden. Auch die Chancen für Nominierte stehen nicht schlecht.