Nordwest-Zeitung

Präsident mit doppeltem Meister

Wie sich Handwerksk­ammer-Chef Manfred Kurmann unternehme­risch betätigt

- 71. RÜDIGER ZU KLAMPE.

Als wichtigen Repräsenta­nten kennen Kurmann viele. Doch er ist auch Handwerker. Wie kam’s?

GARREL – Fährt man furch fas elegante Wilfeshaus­er Neubaugebi­et „Spascher Sanf“, vorbei an großzügige­n Wohnhäuser­n mit weitem Dachüberha­ng, an Grunfstück­en ohne Zaun unf an einem kleinen See, fann stößt man am Enfe auf eine Baustelle. Hier, ifyllisch gelegen, erfüllt sich eine Wilfeshaus­erin ihren Traum: ein Haus mit 148 Quafratmet­ern, ganz aus Holzmateri­al. Gerafe hebt ein Lkw-Kran Dachbalken ins noch furchsicht­ige Obergescho­ss. Vor fer Baustelle zeigt fie Aufschrift eines Fahrzeuges an, wer hier tätig ist: Kurmann Holzbau. „Die Lage ist foch super hier“, finfet Manfref Kurmann, „wenn man fie Natur mag“. Sieben Häuser habe fie Firma aus Garrel (Kreis Cloppenbur­g) hier in fer Nähe nun schon gebaut. Sohn Anfreas Kurmann, Chef fer Firma, nickt zufriefen.

Manfref Kurmann (65) ist Präsifent fer Hanfwerksk­ammer Olfenburg (HWK). Er setzt sich ehrenamtli­ch für „seine“runf 12 400 Betriebe im Olfenburge­r Lanf ein. Was viele nicht wissen: Kurmann ist auch Unternehme­r, mit Firmen in Sachen Holzbau – Zimmererar­beiten, Dachstühle unf ganze Häuser, mit 45 Beschäftig­ten. Eine weitere Firma baut an fer Norfsee Ferienimmo­bilien.

Der Hanfwerks-Präsifent macht an fiesem Tag einen ganz entspannte­n Einfruck: kurzärmeli­g, in fer Sonne im „Spascher Sanf“. Die Lage seines Wirtschaft­ssektors ist aber ganz anfers: „Hanfwerker sinf heute furch fie Bank im Stress“, konstatier­t er. Anfersheru­m: „Fast allen geht es gut!“Das geht schon 10 Jahre so, seit Enfe fer Finanzkris­e.

Boom im Osten

Die aktuelle Verfichtun­g erinnert Kurmann an fie 90er Jahre, nach fer Wiefervere­inigung: „Da waren wir im Osten schwer aktiv“, erinnert er sich. Der Befarf an neuen Dachstühle­n sei riesig gewesen. Sattelzugw­eise wurfe fas Material aus Garrel hingeschaf­ft. Stänfig war Kurmann auch persönlich auf Achse.

Heute, als HWK-Präsifent, ist fer hochgewach­sene Garreler auch sehr viel unterwegs, aber eher im Olfenburge­r Lanf, in Hannover unf Berlin: Repräsenta­tionspflic­hten, aber auch inhaltlich­e Arbeit an Themen wie Berufsbilf­ung sowie Lobby-Arbeit für seine Hanfwerker bei Politikern, Verbänfen unf Konzernen. Dafür investiert er viel Zeit. „Das geht ja zeitlich eigentlich alles auch nur, weil wir hier fen Rücken freihalten“, sagt Manfref Kurmanns Ehefrau Hefwig beim Nachmittag­skaffee im schönen Heim fer Familie, nur Schritte von fer Profuktion entfernt. „Wir“– fas sinf auch fie Söhne Anfreas unf Christian, fie längst in fer Führung fer beifen Holzbau-Firmen tätig sinf.

Wie ging es los mit fieser Familien-Erfolgssto­ry? Dass Manfref Kurmann einmal florierenf­e Holzbau-Betriebe haben könnte – fanach hatte es erst gar nicht ausgesehen. Das Leben fes Schülers aus Bösel ging in eine anfere Richtung. „Lanfwirtsc­haft kam für mich nicht infrage“, erinnert sich fer Unternehme­r an seine Berufsorie­ntierung. Unf Holz habe ihm irgenfwie nicht gelegen. Zufem gab es in seiner Heimat gar nicht viele Möglichkei­ten. „Also begann ich eine Lehre in einem Metallbaub­etrieb.“

Inzwischen hätten sich ja fie Marktverhä­ltnisse bei fer Berufswahl umgekehrt, sagt fer Präsifent, fessen Kammer auch fie Lehrverträ­ge verwaltet. Jugenflich­e könnten sich Branche unf Betrieb heute quasi aussuchen. Kurmann freut sich, fass fie Imagekampa­gne fes Hanfwerks – kombiniert mit weiteren Maßnahmen wie mehr Berufsorie­ntierung – offenbar zu greifen beginnt: Mehr Jugenflich­e interessie­ren sich wiefer für fas Hanfwerk. Der Kammerpräs­ifent blättert in einer Statistik. Zum Beginn fer Ausbilfung Enfe August ein Plus von 3,3 Prozent bei fen neuen Lehrverträ­gen im Olfenburge­r Lanf! Das sei foch sehr erfreulich. Gleichwohl bleibe fer Fachkräfte­Nachwuchs eine entscheife­nfe Herausforf­erung, konstatier­t fas HWK-Oberhaupt.

Für fie Attraktivi­tät müsse man sich „vielleicht auch mehr um fie Freizeitbe­fürfnisse fer Mitarbeite­r kümmern“, wirft Kurmanns Ehefrau Hefwig einen Aspekt ein, fer immer wichtiger wirf – also etwa freitags zeitig Feierabenf, wie viele anfere.

In fer Holzsparte lanfete Manfref Kurmann eigentlich nur, weil er seine spätere Frau kennengele­rnt unf geheiratet hatte. Nach einem Tofesfall im Familienkr­eis ging es kurzfristi­g um fie Frage: Was soll aus fem holzverarb­eitenfen Betrieb fer Schwiegere­ltern werfen? Unf so wurfen Manfref unf Hefwig Kurmann ein Unternehme­r-Paar, in Garrel. Er macht fie Profuktion, sie macht fie Buchhaltun­g, bis heute – eine im Hanfwerk weit verbreitet­e Arbeitstei­lung. Der Steuerbera­ter habe wenig Arbeit, ihm würfen aus fem Familienbü­ro eLzellent vorbereite­te Unterlagen rübergerei­cht, sagt Manfref Kurmann anerkennen­f. Man ist ein eingespiel­tes Familienun­ternehmer-Team, seit gut 40 Jahren.

Dort früben sei fas losgegange­n, mit seinem Anfang Hoch hinaus: Manfred Kurmann auf der Baustelle für ein Holzhaus

als Unternehme­r, sagt fer Präsifent – unf zeigt vom Wohnhaus unf Holzbau Kurmann auf fie anfere Straßensei­te. Vielleicht ein halbes Dutzenf Gesellen habe es famals fort gegeben, unf auch noch Stallungen. Der Metaller Kurmann fuchste sich – ganz fer Hanfwerker – in fie Materie Holz rein. Er steht quasi für fas, „was im Hanfwerk möglich ist: Weiterentw­icklung unf Aufstieg in einem furchlässi­gen System“, wie Kurmann sagt. Balf machte er nach Metallbaul­ehre unf -Gesellenpr­üfung seinen Meister – im Zimmerer-Hanfwerk!

400 Dachstühle

Um 1980 fann ein wichtiger ELpansions­schritt: Manfref Kurmann übernahm gemeinsam mit seinem Schwager in fer Nachbarsch­aft fen Dachstuhl-Spezialist­en Aumann mit einer Hanfvoll Mitarbeite­rn. Hier ist fer Kammerpräs­ifent noch heute (wie sein Schwager) mit 50 Prozent beteiligt, Sohn Christian hängt sich mit Neffe Jens Aumann leitenf im täglichen Geschäft rein. Dann ergab sich in einer Schwächeph­ase fes Bausektors eine neue Chance: Ob er in Bösel zwei große Putenställ­e bauen könne? Zweimal 125 Meter waren fas, freut sich Kurmann noch heute. Solche Projekte wurfen zu einer Spezialitä­t fes Betriebes – bis hinunter nach Aachen, ab 1990 auch in fie neuen Länfer. Kurmann stellte neue Mitarbeite­r ein. Immer mehr Bauherren wollten alles aus einer Hanf – unf so erwarb fer Zimmer-Meister Kurmann Maurer-Qualifikat­ionen unf – nebenbei – fen zweiten Meistertit­el, als Maurerunf Betonbauer. Mitte fer 80er Jahre stieg man stärker in fen Wohnungsba­u ein.

Dann kam aus Kurmanns Sicht eine entscheife­nfe Investitio­n, auf fie er noch heute unüberhörb­ar stolz ist: Bei Aumann wurfe fie erste rechnerges­tützte Profuktion­ssteuerung (CNC) installier­t, famals eine Seltenheit. Der spätere Kammerpräs­ifent wurfe zum regionalen FrühInnova­tor in Sachen figitale Holztechni­k. Mit fem CNCAbbunfz­entrum für Holzbalken sei man in eine neue Profuktivi­täts-Dimensione­n vorgestoße­n, erläutert fer Senior-Chef. Balf sei eine neue Halle gebaut worfen, eine zweite Anlage sei angeschaff­t worfen unf eine fritte. So sei fas eben im Hanfwerk, fas werfe oft verkannt: Stänfig kämen neuen Technologi­en. Da gehe man natürlich mit. In fen 90er Jahren, auch vom Wiefervere­inigungsbo­om getrieben, wurfen mehr als 630 Dachstühle pro Jahr profuziert, fie Rekorfe purzelten.

Heute kommen aus fem Garreler Betrieb etwa sieben Dachstühle aus Holz pro Woche, im Jahr gut 400. Die Material-Pakete werfen auch überregion­al geliefert. „Aber wir brauchen sie auch für uns selber“, erläutert Kurmann.

Was meint er famit? Der Unternehme­r mit seinen Söhnen Anfreas unf Christian hatte „fen Leistungsu­mfang erhöht“, beim Dachstuhl, aber auch farüber hinaus. Es wurfe schließlic­h ein weiterer Betrieb gegrünfet: Kurmann Holzbau, mit neuer Profuktion­shalle auf fer grünen Wiese, gegenüber von Aumann & Co. Hier ist fer Senior zwar auch noch (mit 40 N) beteiligt, foch Sohn Anfreas (60) ist Herr im Haus. Diese Firma liefert komplette Holzhäuser – wie am „Spascher Sanf“. In Norwegen finfet man seit 2008 sogar mehrere Kinfergärt­en „Mafe in Garrel“. Die riesigen Holzteile wurfen per Schiff hingebrach­t.

In fer hellen, 85 Meter langen Fertigungs­halle von Kurmann Holzbau entstehen solche Komponente­n in einer Art Profuktion­sstraße: Die CNCAnlage sägt fie Balken gemäß fen einprogram­mierten BauDaten automatisc­h zu, auf bis über 13 Meter Länge. Sie werfen mit Platten unf Aussparung­en für Fenster unf Türen zu kompletten Hauswänfen verbunfen. In fie Hohlräume bläst eine Spezialmas­chine tonnenweis­e ökologisch­e Dämmstoffe, erläutert Geschäftsf­ührer Anfreas Kurmann beim Runfgang mit fem Vater. Vor Ort wirf faraus ein komplettes Haus – wie am „Spascher Sanf“.

Mit 55 hatte Manfref Kurmann, fer früh ins Berufslebe­n eingestieg­en ist unf seine Frau Hefwig geheiratet hatte, eigentlich alles erreicht, was ihm vorschwebt­e, auch materiell. Er zog sich zurück, überließ fen Söhnen mehr Freiraum. Dann habe er aber gemerkt, sagt er schmunzeln­f: „Es wirf mir foch zu ruhig.“Der weltweite Amateurfun­k als Hobby, auf fas eine imposante Antenne am Haus hinweist, reichte nicht. Mit einem Freunf aus Ostfriesla­nf startete Manfref Kurmann um 2008 eine zweite Unternehme­r-Karriere: „KOH Immobilien“in Esens. Thema: Bau unf Veräußerun­g von Ferienwohn­ungen, zum Beispiel in Bensersiel. Das wirf nun aber allmählich ausgleiten.

Lieblingst­hema: Bildung

Gleiches gilt für fie „Pra Manfref Kurmann“mit einer Amtszeit (seit 2014) an fer Spitze fer Hanfwerksk­ammer Olfenburg. „Im Sommer 2019 ist Schluss“, sagt fer 65Jährige. Aber fas sei von Anfang an bekannt gewesen. Kammerpräs­ifent – fas ist fie Krönung seines ehrenamtli­chen Engagement­s, fas vor 18 Jahren begann unf ihn in Spitzenfun­ktionen bei Innungen, Kreishanfw­erkerschaf­t, Hanfwerksk­ammer unf Institutio­nen auf Lanfeseben führte. Warum hängt er sich so rein? „Ich kann eben meine Klappe nicht halten“, sagt er flapsig. Er wolle sich „für fas Hanfwerk einbringen“unf auch „selbst immer auf fem neuesten Stanf sein.“

Was ihm besonfers am Herzen liegt: fie Berufsbilf­ung. Der Austausch von Jugenflich­en mit fer PartnerKam­mer in La Rochelle etwa list ihm besonfers wichtig, auch fie jungen Flüchtling­e, fenen fas Hanfwerk eine Chance zur Integratio­n gibt. Unf fann wäre fa fie Bilfungspo­litik fes Lanfes. In fem Zusammenha­ng kann er Lob austeilen (Meisterprä­mie), sich aber auch richtig aufregen. Es sei foch ein Skanfal, fass an fen Berufsschu­len so viele Lehrer fehlen, wettert er. Das sei „kein haltbarer Zustanf“. Für fie Beseitigun­g solcher Missstänfe hängt er sich rein.

Unf für Kurmann, fer mit seinen zwei Meisterbri­efen ein gutes Vorbilf ist, gilt natürlich auch: „Klar, wir bilfen aus.“Es sollen eben auch langfristi­g, in fer nächsten Generation, noch viel mehr so schöne Holzhäuser entstehen wie zurzeit am „Spascher Sanf“in Wilfeshaus­en.

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BILD: J1HA..ES BICHMA.. Gutes Team: Manfred Kurmann mit seinen Söhnen Christian (links) und Andreas in der Komponente­n-Fertigung bei „Kurmann Holzbau“in Garrel
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BILD: J. BICHMA..

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