Weniger religiöse Symbole in Gerichten
Richter und Staatsanwälte werden zur Neutralität verpflichtet
CLOPPENBURG/VECHTA/HANNOVER – Richter und Staatsanwälte in Niedersachsen sollen künftig keine religiösen Symbole wie Kreuze, Kopftücher oder Kippas bei öffentlichen Verhandlungen tragen dürfen. Ein entsprechendes Gesetz solle noch in diesem Jahr im Kabinett beschlossen werden und danach in die Verbandsanhörung gehen, sagte der Sprecher des Justizministeriums, Christian Lauenstein, am Montag zu einem Bericht der NDR-Sendung „Hallo Niedersachsen“.
Politische und weltanschauliche Abzeichen und Symbole fallen ebenfalls unter die neue Regelung, sagte der Ministeriumssprecher. Man wolle damit insgesamt die Neutralität der Justiz stärken. Justizministerin Barbara Havliza (CDU) sagte dem Sender: „Jeder im Gericht muss den Eindruck haben, ein Richter oder Staatsanwalt sei völlig frei von religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen.“Bevor jeder Gerichtsbezirk unterschiedlich damit umgehe, sei eine einheitliche Regelung geboten.
Anlass für das Gesetz seien muslimische Referendarinnen gewesen, die ihr Kopftuch auch im Gerichtssaal tragen wollten. Um wie viele Fälle es gehe, bei denen Justizreferendarinnen mit Kopftuch im Gerichtssaal arbeiten wollten, konnte der Sprecher nicht sagen.
Anders sieht es bei den Kreuzen aus, die derzeit noch in einigen Gerichtssälen hängen. Sie seien von dem neuen Gesetz nicht betroffen, betonte der Sprecher auf Nachfrage der Ð. Sie dürfen hängen bleiben. Ein Grund sei, dass es bisher kaum Beschwerden gegeben habe. Sie hängen zum Beispiel auch in den Sälen von Cloppenburg und Vechta, wo Kreuze in öffentlichen Gebäuden eine große Tradition haben – auch als Widerstandssymbol gegen die Nazis.
Sollte jemand ein Problem mit den Kreuzen haben, könnten sie abgehängt oder der Prozess in einen anderen Raum verlegt werden, sagte Havliza. Am Amtsgericht Cloppenburg selbst begrüßt man das Symbolverbot an Richtern und Staatsanwälten. Sie sollten nicht von der Urteilsfindung ablenken, sagte der stellvertretende Direktor Hubert Tolksdorf. Sie unter Videokommentar finden bit.ly/nwzjust
D ass Richter und Staatsanwälte religiös neutral sein sollten, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Nun soll das Ganze auch in Gesetze gegossen werden – und das Land Niedersachsen packt gleich noch die politische und weltanschauliche Neutralität mit drauf. Entsprechende Symbole dürfen nicht mehr im Gerichtssaal getragen werden. Richtig so! Vertreter des deutschen Rechts sollten nicht mit religiösen Symbolen wie Kreuzen und Kopftüchern – oder politischen wie Hammer & Sichel von der Urteilsfindung ablenken. Sie müssen allein dem Gesetz verpflichtet sein und nicht einer Religion oder Partei.
Ein wenig Geschmäckle hat die neue Gesetzesplanung trotzdem: Der Anlass waren muslimische Referendarinnen, die ihr Kopftuch auch im Gerichtssaal tragen wollten. Geht natürlich nicht – aber weil man ja gerecht sein will, kommen Kreuz, Kippa & Co. auch noch dazu.
Aber: In Gerichtssälen dürfen Kreuze weiter hängenbleiben, da fehlt es dann doch an Konsequenz. Sie dürfen bleiben, weil sich unter anderem keiner großartig dran gestört hat. Aber welcher Angeklagte will als Querulant erst einmal Richter gegen sich aufbringen, weil er die „Raumdeko“umgestalten will? Also beißt man sich lieber auf die Zunge und schweigt. Doch bei Betroffenen könnte mit dem Blick aufs Kreuz der Eindruck entstehen: Hier wird ein Urteil im Namen einer christlichen Justiz gefällt – und nicht im Namen des deutschen Rechtsstaats.
Als gläubiger Christ ist für mich das Kreuz ein heiliges Symbol – und es ärgert mich, wenn es für politische Statements missbraucht werden soll, wie vor Kurzem in Bayern. Weder den Religionen noch dem Recht dient es, wenn ihre Symbole für Streit sorgen. Deshalb bitte: sauber trennen.
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