„Wir wollen selbst entscheiden, wen wir aufnehmen“
CSU-Innene5pertin Andrea Lindholz über den Streit in den Unionsparteien
FRAGE= Zrau Lindholz, die Union streitet über den UNMigrationspakt. Sehen Sie auch noch Diskussionsbedarf? LINDHOL>= Der Diskussionsbedarf ist groß, das zeigen uns die vielen Zuschriften aus der Bevölkerung. Diese Sorgen müssen wir sehr ernst nehmen. Deswegen wollen wir als Unionsfraktion unsere Erwartungen an diesen Pakt in einem eigenen Antrag formulieren und im Bundestag beschließen. Die Reaktionen zeigen aber auch, wie viel Vertrauen die deutsche Migrationspolitik in den letzten Jahren verloren hat. Einen Bärendienst erweisen uns aktuell die Grünen, die diese Verunsicherung auch noch vergrößern, indem sie den rechtlich unverbindlichen Migrationspakt als Vehikel für ihre abwegigen migrationspolitischen Vorstellungen missbrauchen wollen. Diesen weltfremden grünen Erwartungen müssen wir eine ebenso klare Absage erteilen wie den politisch moberischen tivierten Falschinformationen. Fakt ist, jeder Nationalstaat entscheidet auch in Zukunft selbst, wie er seine Migrationspolitik ausrichtet. Deutschland erfüllt die Kriterien des Migrationspaktes. Dazu verpflichten uns seit jeher das Grundgesetz und das Europarecht. Im Kern geht es darum, die Standards international anzunähern, und damit könnte der heute schon hohe Migrationsdruck auf Deutschland und Europa spürbar sinken.
FRAGE= Ihr Parteifreund Peter Ramsauer, Vorsitzender des Entwicklungsausschusses des Bundestages, warnt, der Pakt würde Zuwanderung Tür und Tor öffnen. Teilen Sie diese Bedenken?
LINDHOL>= Angesichts der pseudojuristischen Sprache, in der das Dokument verfasst wurde, kann ich die Verunsicherung nachvollziehen. Die meisten Befürchtungen halte ich aber für überzogen und aus juristischer Sicht für konstruiert. Der Pakt stellt unmissverständlich fest, dass die Staaten nicht nur zwischen regulärem und irregulärem Migrationsstatus unterscheiden dürfen, sondern auch bei der Festlegung ihrer gesetzge- und politischen Maßnahmen zur Umsetzung des Paktes frei sind. Es liegt in unserer Hand, wie wir diesen rechtlich unverbindlichen Rahmen nutzen. Ich plädiere als CSU-Politikerin dafür, den Pakt als Chance zu begreifen, um den heute hohen Migrationsdruck zu minimieren. Die Gretchenfrage, ob es mehr oder weniger Migration geben soll, beantwortet der Pakt doch gar nicht. Stattdessen überlässt er diese Entscheidung den Mitgliedsstaaten. Das ist einerseits seine Schwäche, aber auch seine Stärke. In Deutschland haben wir uns zum Beispiel eine Obergrenze für Asylbewerber gegeben und diskutieren aktuell über ein Fachkräftezuwanderungsgesetz. Wir wollen selbst entscheiden, wen wir aufnehmen. Das ist unser Ansatz. Der Migrationspakt würde daran nichts ändern. FRAGE= Befürworter sprechen von einem Meilenstein in der internationalen Migrationspolitik. Welche Verbesserungen lassen sich dadurch erreichen? LINDHOL>= Kernziel des UNMigrationspakts sind die Reduzierung irregulärer Migration und die Stärkung regulärer Migration. Das liegt im deutschen Interesse, denn nur so lässt sich Migration nachhaltig ordnen, steuern und begrenzen. Die mangelnde Rücknahmebereitschaft der Herkunftsstaaten, ungeklärte Identitäten und fehlende Reisepapiere sind die größten Abschiebe-Hindernisse in Deutschland. Diese Themen adressiert der Pakt ausführlich, und die Staaten sichern sich mehr Kooperation zu. Auch im Kampf gegen Schleuser und Fluchtursachen wollen die Staaten besser zusammenarbeiten. In Sachen Arbeitsmarktzugang und Sozialleistung würde jede auch noch so kleine Annäherung an die im Vergleich sehr hohen deutschen Standards den Migrationsdruck auf Deutschland reduzieren. Migration ist ein globales Phänomen und braucht daher auch globale Antworten. Es wäre naiv zu glauben, dass wir Migration allein regeln können.