Werden Brieftauben zum Nationalen Kulturerbe?
Tierschützer und Züchter im Streit – Entscheidung im Dezember
STUTTGART/ESSEN – Es tobt ein erbitterter Kampf im Land. Um Tauben. Wie schützenswert ist das traditionsreiche Hobby der Züchter von BrieftaubenN Hat es den gleichen Wert wie das historische Dokumentarspiel „Landshuter Hochzeit“oder die Amateurmusikpflege in Baden-WürttembergN Auf keinen Fall, warnen Tierschützer.
Schließlich würden für Wettkämpfe unzählige Tauben ausgebeutet, verletzt, getötet. Mit schutzwürdigem Erbe der Menschheit habe das absolut nichts zu tun. Die Anerkennung des Brieftaubenwesens als immaterielles Kulturerbe müsse verhindert werden. Die Entscheidung wird in der ersten DezemberWoche verkündet.
Der Verband Deutscher Brieftaubenzüchter strebt schon länger nach dem Status des immateriellen Kulturerbes. Auf der Landesebene in Nordrhein-Westfalen, wo der Sport vor allem im Ruhrgebiet stark verankert ist, hat er das bereits geschafft. Jetzt geht es um eine Eintragung als schützenswerte bundestypische Tradition. Am Ende habe der Brieftaubensport aber natürlich weltweite Bedeutung, heißt es in Essen. Größtes Ziel sei eine Anerkennung als Weltkulturerbe.
Jedes Jahr komme es bei Wettkämpfen zu Verlusten von Hunderttausenden Tieren, warnt man beim Tierschutzbund. Bei Preisflügen müssten Brieftauben teilweise über 1000 Kilometer zurücklegen und an ihre Leistungsgrenzen gehen. Auf den Strecken seien die Tauben durch Beutegreifer, Windräder oder Strommasten Gefahren ausgesetzt. „Viele überleben nicht.“Andere verirrten sich auf ihrem Rückweg zum Schlag und landeten im besten Fall in einem Tierheim.
Tierschutz spiele im Brieftaubenwesen „eine zentrale Rolle“, entgegnet der Verband Deutscher Brieftaubenzüchter in Essen. Das Wohl des Tieres stehe im Mittelpunkt. Behauptungen über tierschutzwidrige Zustände seien „schlichtweg haltlos“.
Bewerbungsrunden für die Aufnahme in die KulturerbeListe gibt es alle zwei Jahre. Bundesländer treffen eine Vorauswahl. Die Vorschlagsliste wird von einem Expertenkomitee bei der Deutschen Unesco-Kommission bewertet. Den letzten Haken setzen dann die Kultusministerkonferenz und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien daran.