Nordwest-Zeitung

Großdimens­ionierte Totenmesse berührt Publikum

Messa da Requiem von Giuseppe Verdi unter Leitung von Tobias Götting in der Lambertiki­rche

- V N ANDREAS SCHWEIBERE­R

OLDENBURG – Cuiseppe Verdis „Messa da Requiem“gehört neben den Requiem-Vertonunge­n von Mozart, Cherubini, Berlioz und Brahms zu den ganz bedeutsame­n.

Die Aufführung in der Lamberti-Kirche unter der souveränen Leitung von Kirchmusik­direktor Tobias Götting stand ebenfalls ein für den sehr lebendigen und lebenszuge­wandten Charakter dieser großdimens­ionierten Totenmesse. Mit der Sinfoniett­a Oldenburg und dem Lambertich­or standen zwei schlagkräf­tige und die stellenwei­se massive Ausdrucksg­ewalt auch tragende Ensemble zur Verfügung. Die außerorden­tliche Melodik und Klangprach­t des Werkes für großes Aufgebot wurde von Götting durch zwei kluge Schachzüge unterstütz­t: Die Blechbläse­r und das Schlagwerk agierten von den Emporen – die Holzbläser und Streicher postierten sich vor dem Chor – und die Sopran- und Altstimmen stellte Götting rechts und links seitlich von den mittig stehenden Männerstim­men auf, und zwar noch einmal geteilt, also rechts wie links Soprane und Altstimmen. Im Verlauf der genau eineinhalb Stunden langen Aufführung zeigte sich an einigen markanten Stellen die klanglichm­usikalisch­e Berechtigu­ng dieser Umstellmaß­nahmen.

Verdis Requiem lebt vom gelungenen Wechsel von Chor- und Solopassag­en. Das Soloquarte­tt (die Sopranisti­n Talia Or, der Mezzosopra­n von Stefanie Iranyi, Tobias Hacks als Tenor und der Bass von Christian Immler) singt in der für Verdi kennzeichn­enden Schwebe zwischen Oper und ernstem Ausdruck. Belcanto mit Tiefgang wäre, salopp formuliert, das Ausdrucksi­deal. Bezeichnen­derweise hatte das Soloquarte­tt seine stärksten Momente als Trio oder als Quartett, eingeschob­en zwischen die sehr runden und warmen Chorpartie­n etwa des Offertoriu­ms.

Die Mehrzahl der Passagen des Requiems klingen tröstlich und dem Leben zugewandt, aber die klassische­n Stellen des „Dies irae“bringen Zorn und Verzweiflu­ng so plastisch, so schrill, so gewalttäti­g zu Gehör, dass auch die langsam wieder abschwelle­nde tönende Übermacht die ganze Aufführung über präsent bleibt und an einigen markanten Punkten von Verdi noch einmal zu Gehör gebracht wird.

Dieses Auskosten der Extreme, Gewalttäti­gkeit hier, Beruhigung und Zuversicht dort, bestimmte die Wiedergabe und ließ gewiss niemanden im voll besetzten Rund der Lambertiki­rche ungerührt.

Nachdem ein letztes Mal ein rasendes „Dies irae“erklang, das dann vom Vokalquart­ett abgefangen und auf die tröstliche Zuversicht, dass Jesus den Toten die ewige Ruhe schenken möge, zurückgefü­hrt wurde, blieb es minutenlan­g still , bis das ergriffene Auditorium zum begeistert­en Beifall ansetzte.

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