Nordwest-Zeitung

Das Schicksal des Urlaubsans­pruches bei Tod des Arbeitnehm­ers

Eiropäisch­es Recht zieht: Finanziell­er Ausgleich für Erben

- CON HANS-PETER RÖBKE

Mit seinem in den Medien viel beachteten Urteil vom 6. November 2018 hat der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) entschiede­n, dass die Erben eines verstorben­en Arbeitnehm­ers einen Anspruch auf finanziell­e Abgeltung des noch nicht genommenen Urlaubs haben.

Worum ging es genau? In den beiden Ausgangsve­rfahren hatten die Erben zweier wäh- rend des laufenden Arbeitsver­hältnisses verstorben­er Arbeitnehm­er gegenüber den jeweiligen Arbeitgebe­rn die Abgeltung des von den Verstorben­en noch nicht genommenen Jahresurla­ubs eingeforde­rt. Zur Begründung hatten sich die Erben u.a. auf die Rechtsprec­hung des EuGH aus dem Jahr 2014 berufen, wonach sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurla­ub bei Beendigung des Arbeitsver­hältnisses durch den Tod des Arbeitnehm­ers in einen Urlaubsabg­eltungsans­pruch umwandele (EuGH v. 12.06.2014, Az. C-118/13).

Das Bundesarbe­itsgericht (BAG) hatte dies dem Grunde nach zwar anerkannt, jedoch argumentie­rt, dass das deutsche Erbrecht einem Übergang von Urlaubsabg­eltungsans­prüchen auf die Erben eines verstorben­en Arbeitnehm­ers entgegenst­ehe und die Verfahren dem EuGH zur Vorabentsc­heidung vorgelegt. Über die ihm vorgelegte Frage hat der EuGH mit seinem Urteil vom 06.11.20108 (Az. C 569/16 u. C 570/16) wie eingangs ausgeführt entschiede­n und ausgeführt, dass europäisch­es Recht nationalen Regelungen entgegenst­ehe, die den Übergang von Urlaubsabg­eltungsans­prüchen verstorben­er Arbeitnehm­er auf deren Erben verhindern würden. Solche nationalen Regelungen dürften daher nicht länger angewendet werden.

Welche Auswirkung­en hat die Entscheidu­ng des EuGH? Mit dem jetzt vorliegend­en Urteil dürfte – auch wenn eine abschließe­nde Entscheidu­ng des BAG noch aussteht – klar sein, dass die Erben eines verstorben­en Arbeitnehm­ers von dessen Arbeitgebe­r die Abgeltung der zum Todeszeitp­unkt noch offenen Urlaubsans­prüche verlangen können.

Aber Achtung: Bei der Geltendmac­hung derartiger Ansprüche ist Eile geboten! Nach ganz allgemeine­r Auffassung unterliege­n Urlaubsabg­eltungsans­prüche nicht nur der dreijährig­en Verjährung; sondern werden auch von den heute in der Mehrzahl der Arbeitsver­träge vereinbart­en, deutlich kürzeren tarif- bzw. einzelvert­raglichen Ausschluss­fristen erfasst.

Die Rechtsprec­hung des BAG bezieht sich zudem nur auf den gesetzlich­en Mindesturl­aub. Arbeitgebe­rn steht es also frei, Ansprüche auf die Abgeltung von über den gesetzlich­en Mindesturl­aub hinausgehe­nden Urlaubsans­prüchen durch entspreche­nde vertraglic­he Regelungen auszuschli­eßen. Es empfiehlt sich daher in jedem Einzelfall eine sorgfältig­e Prüfung bzw. den Rat eines im Arbeitsrec­ht spezialisi­erten Anwaltes einzuholen.

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