Zeit ist vorbei
Hartz IV ist wie ein Antibiotikum. Wenn das Fieber abgeklungen ist, sollte man es absetzen. Sonst schadet es mehr als es hilft. Wir sind nahe an der Vollbeschäftigung. Uns werden in Zukunft Arbeitskräfte fehlen. Weiterbildung und gute Ausbildung
PRO...
sind heute die Gebote der Stunde. Dazu braucht man Hartz IV nicht umzuetikettieren, zu erneuern, weiterzuentwickeln oder zu modernisieren, sondern es muss ersetzt werden. Es ist nicht so, dass sich Arbeitslose heute nicht um einen Job bemühen würden, wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier unterstellt. Dieses Misstrauen empfinden auch die Betroffenen als entwürdigende Unterstellung. Die Menschen wollen arbeiten, und es ist genug Arbeit da. Oft fehlt die Umqualifizierung. Da helfen auch die Kontrollen und Sanktionen von Hartz IV nicht.
Die Bürgerinnen und Bürger empfinden sie als demütigende Willkür und lehnen sie ab. Die neue Grundsicherung muss ein Bürgergeld sein. Es gelten drei Prinzipien: Jede Anstrengung, Arbeit aufzunehmen, wird immer belohnt. Das Bürgergeld darf nie unter dem Existenzminimum liegen, wie das bei Hartz IV wegen der Sanktionen häufig der Fall ist, sondern man muss davon leben können, auch in den teuren Städten. Und es wird eine spezielle Grundsicherung für Kinder geben, damit sie nicht mehr lebenslang als Hartz-IV-Kinder gebrandmarkt sind. Neben dem gerade beschlossenen Gesetz für einen sozialen Arbeitsmarkt ist ein Bürgergeld der nächste Schritt zur Weiterentwicklung unseres Sozialstaats.
Wir müssen auch mit der Union über die Abschaffung von Hartz IV verhandeln. Die ersten Reaktionen von Herrn Altmaier sind enttäuschend, werden uns aber nicht aufhalten. Hartz IV hatte seine Zeit. Sie ist jetzt vorbei.
Karl Lauterbach (55) ist stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. @ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de