Brandenburger nimmt Schuld auf sich
Dpitzelaffäre beim Verfassungsschutz Niedersachsen kostet Behördenchefin den Job
Ein V-Mann war wegen einer GeheimschutzPanne aufgeflogen. Wer Nachfolger werden soll, ist noch unklar.
HANNOVER – Die grundlegende Reform des in die Kritik geratenen Verfassungsschutzes hatte Maren Brandenburger gemeistert, nun stolpert die Behördenchefin über eine peinliche Panne ihres Hauses. Dabei hatte die hochgewachsene, blonde Frau schon schnell nach ihrem Amtsantritt vor fünf Jahren bewiesen, dass sie dem Kreuzfeuer heftiger Oppositionskritik gewachsen ist. Kühl und beherrscht konnte sie in der Sache contra geben und ließ sich so leicht nicht in die Enge treiben.
Dabei prasselten Vorwürfe der Inkompetenz und schwerer Fehler immer wieder auf sie ein, vor allem beim Umgang mit islamistischen Terrorgefahren. In dem Zusammenhang standen die 50-Jährige und ihre Behörde im vergangenen Jahr noch im Fokus eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses.
Als Brandenburger 2013 als erste Frau an die Spitze des Verfassungsschutzes aufrückte, war sie im Haus anders als ihre Vorgänger bereits sehr gut vernetzt. 1996 schon hatte die studierte Politologin als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Behörde begonnen und sich den Ruf einer erfahrenen Extremismus-Expertin erarbeitet. 2003 übernahm die gebürtige Kielerin die Leitung der Pressestelle.
Im Zuge des NSU-Skandals wurden gravierende Versäumnisse auch beim Verfassungsschutz in Niedersachsen bekannt. Um einen Wandel des Geheimdienstes hin zu einer transparenteren Behörde einzuleiten, ernannte der neue Innenminister Boris Pistorius (SPD) nach dem Regierungswechsel Brandenburger – ebenfalls in der SPD – zur Chefin. In der neuen Rolle war sie gleich als Krisenmanagerin gefragt, die unrechtmäßige Speicherung Tausender Personendaten auch von Journalisten machte sie öffentlich.
Von einer SchlapphutTruppe müsse der Verfassungsschutz sich angesichts neuer Bedrohungen durch den Islamismus und rechte Populisten hin zu einer Kompetenzstelle zur wissenschaftlichen Analyse extremistischer Tendenzen wandeln, sagte Brandenburger.
Vor einigen Wochen noch plädierte sie für eine Neuaufstellung der Behörde mit mehr Experten zur Analyse extremistischer Internet-Inhalte und einem Frühwarnsystem, um den geistigen Nährboden von Extremismus weit im Vorfeld zu erkennen. In ihrer künftigen Funktion beim Sozialministerium, das sich um die Islamismusprävention kümmert, wird Brandenburgers Expertise sicherlich gefragt sein.
Mit dem Rücktritt fällt die bisherige politische Beamtin Brandenburger aus der bisherigen Besoldungsstufe 6 auf B 2. Wer Brandenburger nachfolgen soll, ist Pistorius zufolge noch offen. Er werde „zeitnah“darüber entscheiden und informieren, sagte der Minister.
Anlass des Abgangs ist eine wohl beispiellose Panne der Behörde. Ein V-Mann des Geheimdienstes war kürzlich durch einen Fehler der Behörde aufgeflogen. Er sollte die linksautonome Szene in Göttingen ausspionieren, wurde durch die versehentliche Herausgabe geheimer Akten an ein Verwaltungsgericht aber enttarnt. Um welche organisatorischen Mängel es geht, wollte Pistorius nicht sagen. Nach Informationen unserer Redaktion geht es um unklare Abläufe bei der Aktenüberstellung für Gerichte.
Demnach hatte der Verfassungsschutz im Frühjahr ein Computerprogramm zur Schwärzung sensibler Akten eingeführt. Dieses druckt allerdings auch ungeschwärzte Seiten aus, die als „Verschlusssache“geheim sind. Diese Seiten müssen demnach händisch aussortiert werden, was im Göttinger Fall wohl nicht passierte.
Der interne Ermittler monierte demnach, dass die Abläufe nicht eindeutig definiert und die entsprechende Dienstanweisung zehn Jahre alt ist.