Hilfe wird oft nicht genehmigt
Sozialverband listet Missstände auf
HANNOVER – Viele Pflegebedürftige in Niedersachsen haben nach Angaben des Sozialverbandes (SoVD) Schwierigkeiten, bedarfsgerechte Hilfe im Haushalt zu bekommen. Zwar haben zuhause lebende Pflegepatienten seit dem 1. Januar 2017 Anspruch auf monatlich 125 Euro für Unterstützungsleistungen. Doch häufig seien die Anbieter schon ausgebucht, kritisierte der stellvertretende SoVDLandesvorsitzende Bernhard Sackarendt am Mittwoch bei der Vorstellung des „Schwarzbuches sozial“in Hannover.
In seinem Schwarzbuch prangert der Sozialverband ungerechte Behördenentscheidungen und schwierig umzusetzende Verordnungen an. Wie schwierig es für Pflegebedürftige sein kann, eine Hilfe zu bekommen, bekam eine 55-jährige Sozialpsychologin aus Hannover zu spüren. Die Frau, die seit 30 Jahren an Multipler Sklerose leidet, bekam die 125 Euro staatliche Unterstützung zwar bewilligt. Doch ein Pflegedienst, dessen Mitarbeiterinnen das Aufräumen und Putzen eine Zeit lang übernahmen, kündigte den Vertrag nach zwei Monaten. Begründung: Es gebe nicht genügend Fachkräfte.
In Niedersachsen müssen sich Einzelpersonen, die solche Dienste anbieten, an anerkannte Träger koppeln und sich von einer Fachkraft anleiten lassen – sonst können sie nicht aus dem Entlastungsbeitrag bezahlt werden.
Dem Sozialverband sind auch viele ungerechte Behördenentscheidungen ein Dorn im Auge. Ein Ehepaar aus Osnabrück, dessen zehnjähriger Sohn an Krebs gestorben war, wollte gemeinsam mit dem jüngeren Geschwisterkind eine Reha-Therapie zur Trauerarbeit machen. Die Rentenversicherung genehmigte das nur für die Mutter – Vater und Kind erhielten eine Absage. Die Trauer gefährde nicht die Erwerbsfähigkeit, hieß es zur Begründung. Erst nach einer Intervention des SoVD konnten alle drei die Reha antreten.
„Wir stellen immer häufiger fest, dass für Krankenund Pflegekassen, aber auch für Jobcenter nicht die Probleme des Einzelnen im Vordergrund stehen, sondern ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen“, kritisierte Sackarendt.