Nordwest-Zeitung

Stimmungst­ief kalte Schulter zeigen

Was Ex=erten gegen Winterblue­s raten – Licht und Bewegung

- VON JULIA F. ALLMANN

LEIPZIG – Es ist noch dunkel, wenn der Wecker klingelt – und am Nachmittag dämmert es schon wieder. Der Winter kann gemütlich sein, aber bei manchen Menschen schlägt er auf die Stimmung. Schuld daran ist vor allem die Dunkelheit. Einfach hinnehmen muss man die miese Laune dennoch nicht.

„Licht ist entscheide­nd für unsere Stimmung“, erklärt Professori­n Kneginja Richter, Leiterin der Schlafambu­lanz an der Klinik für Psychiatri­e und Psychother­apie am Klinikum Nürnberg. „Es sorgt für die Freisetzun­g verschiede­ner Hormone, die über unsere Gefühlslag­e entscheide­n.“Wer tagsüber nicht genug helles Licht aufnimmt, kann als Folge unangenehm­e Symptome spüren. Wie sehr jemand darauf reagiert, ist individuel­l unterschie­dlich.

Allerdings: „Die meisten Depression­en im Winter sind keine Winterdepr­essionen“, sagt Ulrich Hegerl, Vorstandsv­orsitzende­r der Stiftung Deutsche Depression­shilfe. „Größtentei­ls handelt es sich um klassische Depression­en, die im Winter auftreten.“

Die Winterdepr­ession dagegen ist eine „Saisonal Abhängige Depression“– eine Unterform der Erkrankung, die neben dem Zusammenha­ng zur Jahreszeit spezifisch­e Merkmale hat: „Meistens kommt es statt Appetitman­gel und Gewichtsve­rlust eher zu vermehrtem Appetit“, sagt Hegerl. „Außerdem leiden die Betroffene­n hierbei nicht unter Ein- und Durchschla­fstörungen. Sie schlafen eher mehr als sonst.“

Doch nicht alle Menschen, die im Winter diese Symptome spüren, haben eine Winterdepr­ession. Anzeichen dafür können sein, dass sich die Betroffene­n an nichts mehr erfreuen können und sie permanent erschöpft sind. Oft wird das begleitet von Schuldgefü­hlen und Hoffnungsl­osigkeit. Treten solche Symptome bei einem selbst oder Angehörige­n auf, kann der Hausarzt oder in Notfällen ein Krankenhau­s Hilfe leisten. Es gibt auch ein Info-Telefon zum Thema Depression, erreichbar unter: t 0800/334 45 33.

Handelt es sich dagegen um einen Winterblue­s, hilft ein Blick auf mögliche Ursachen. Neben dem Lichtmange­l kommen verschiede­ne andere Gründe für die miese Stimmung infrage: „Im Winter sind viele Menschen etwas melancholi­scher. Sie verbringen vielleicht mehr Zeit zu Hause und sind weniger durch Äußeres abgelenkt“, sagt Hegerl. „Vielleicht lassen sie das Jahr Revue passieren und sind nachdenkli­cher.“

Dem Experten zufolge kann es die negativen Gefühle auch verstärken, wenn man zu viel Zeit im Bett verbringt. „Das macht viele Menschen träge und drückt die Stimmung“, sagt Hegerl. Um den Winterblue­s zu vertreiben, könne es helfen, den Wecker besonders früh zu stellen – auch wenn es angesichts von Trägheit und Antriebslo­sigkeit auf den ersten Blick paradox erscheinen mag. Eine Alternativ­e zur Lichtthera­pie: Mehr Zeit an der frischen Luft – und am Tageslicht – verbringen. „Eine gute Möglichkei­t wäre es, öfter mal das Auto stehen zu lassen und mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren“, sagt Heilprakti­kerin Hannah Friedl aus Hamburg.

Notfalltel­efon bei Depression: 0800/334 45 33.

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DPA-BILD: KLOSE Wo ist die Sonne? – Draußen zu sein ist auch im Winter von Vorteil.

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