Chef von Thyssenkrupp will aufräumen
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ESSEN – Thyssenkrupp als Dauerbaustelle: Der Essener Industriekonzern kämpft nach Einschätzung seines neuen Chefs Guido Kerkhoff weiter vor allem mit hausgemachten Problemen. Hinzu kommen konjunkturelle Risiken. Sollte sich die Konjunktur nachhaltig eintrüben, sehe die Welt anders aus, räumte Kerkhoff am Mittwoch bei der Bilanzvorlage in Essen ein.
Nach dem überraschenden Rücktritt von Konzernchef Heinrich Hiesinger hatte Kerkhoff als langjähriger Finanzchef nach einer ergebnislosen Kandidatensuche schließlich selbst das Ruder des in die Krise geratenen Unternehmens übernommen. Mit seiner Strategie einer Teilung des Traditionskonzerns in zwei unabhängige börsennotierte Gesellschaften sorgte der neue Chef zunächst einmal für zusätzliche Kosten.
Kerkhoff kündigte durch die Teilung Belastungen im „höheren dreistelligen Millionenbereich“im laufenden Geschäftsjahr 2018/2019 an, das am 30. September 2019 endet. Der bis dahin faktisch vollzogene Schritt soll dann 2020 von der Hauptversammlung endgültig beschlossen werden. Durch die Aufteilung in das Industrie- und Werkstoffgeschäft will Kerkhoff stille Reserven heben und eine Wertsteigerung erzielen.
Kernpunkt ist aber auch die geplante Einbringung des Stahlgeschäfts in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Konkurrenten Tata. Hier haben die Wettbewerbshüter bereits Bedenken angemeldet und eine intensive Prüfung in Aussicht gestellt.
Hinzu kommt ein hohes Risiko von nach Einschätzung des Unternehmens „über 50 Prozent“, dass das Bundeskartellamt mögliche Preisabsprachen beim Stahl mit einem Bußgeld ahnden könnte. Damit drohe das Unternehmen von einem möglichen Fehlverhalten aus der Vergangenheit eingeholt zu werden, klagte Kerkhoff. Erst vor wenigen Tagen hatte sich Thyssenkrupp deshalb mit millionenschweren Rückstellungen gegen mögliche Kartellrisiken abgesichert.
„Auch mit den Compliance-Themen ist es aber leider wie bei einem Haus, bei dem früher Pfusch am Bau stattgefunden hat“, sagte Kerkhoff. „Verstöße aus der Vergangenheit können einen Jahre später noch einholen.“
Als Problemsparte gilt weiter auch der Anlagenbau, wo etwa bei einigen Großprojekten die Kosten aus dem Ruder gelaufen seien. Bei dem geplanten Abbau von 2000 Jobs liege das Unternehmen im Plan, fast 900 Stellen seien bereits gestrichen worden. Gleichzeitig würden neue Stellen hauptsächlich im Ausland aufgebaut.
In den vergangenen Monaten hatte der Konzern gleich zwei Mal die Ergebnisprognose nach unten korrigiert. Der Jahresüberschuss im abgelaufenen Geschäftsjahr schrumpfte um 78 Prozent auf 60 Millionen Euro. Der Umsatz ging um ein Prozent auf 42,8 Milliarden Euro zurück.