Nordwest-Zeitung

Eltern bleiben nach brutalem Babytod straffrei

Nur Vater oder Mutter kommen als Täter infrage – Doch der Polizei fehlen die Beweise

- VON MATTHIAS BRUNNERT

GÖTTINGEN – Der gewaltsame Tod eines kleinen Jungen aus Göttingen bleibt ohne strafrecht­liche Folgen. Für die Staatsanwa­ltschaft kämen zwar nur Vater oder Mutter als Täter infrage, sagte ein Sprecher der Ermittlung­sbehörde. „Es war definitiv ein Tötungsdel­ikt.“Da sich aber nicht beweisen lässt, wer von beiden die Tat begangen hat, sei das Verfahren wegen des Verdachts der Körperverl­etzung mit Todesfolge eingestell­t worden.

Die damals 22 und 30 Jahre alten Eheleute waren im Janudie ar dieses Jahres mit ihrem sechs Monate alten Jungen in einem Göttinger Krankenhau­s erschienen. Sie gaben an, das Kind leide nach einem Sturz unter Luftnot. Die Ärzte konnten nicht mehr helfen. Für die Mediziner kam nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft ein

Sturz als Todesursac­he aber nicht infrage.

Dies wurde durch rechtsmedi­zinische Sachverstä­ndige bestätigt. „Fest steht: Das Kind ist durch fremde Hand gestorben“, sagte Oberstaats­anwalt Andreas Buick. „Es muss mehrfach feste Schläge mit einem harten Gegenstand erhalten haben oder mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen worden sein.“Der Junge habe jedenfalls massive Schädelver­letzungen erlitten. „Sie waren äußerlich allerdings nicht sichtbar“, sagte Buick. Sie seien erst bei der Obduktion festgestel­lt worden.

Die Eltern beteuerten beide ihre Unschuld. Aus Sicht der Staatsanwa­ltschaft komme aber niemand anders als Täter oder Täterin infrage. „Denkbar ist, dass der Vater Taten begangen und die Mutter davon nichts mitbekomme­n hat. Es könnte auch umgekehrt gewesen sein.“Denkbar sei auch, dass beide verantwort­lich sind. „Da es keine sonstigen Beweise gibt, bleibt nur die Einstellun­g des Verfahrens.“

Der stellvertr­etende Leiter der Göttinger Staatsanwa­ltschaft, Frank-Michael Laue, hatte bereits während der Ermittlung­en von einem „Dilemma“gesprochen, in dem seine Behörde stecke. Da die Unschuldsv­ermutung gelte, müsse man jeweils zugunsten eines Elternteil­s annehmen, dass der andere Elternteil die Taten begangen haben könnte.

Zu einer belastende­n Aussage zwingen kann man die Eltern nicht. „Als Beschuldig­te müssen sie sich selbst nicht belasten“, sagte Buick. „Und sie müssen den Ehepartner oder die Ehepartner­in nicht belasten.“Die lange gehegte Hoffnung der Ermittler, dass die anwaltlich vertretene­n Eltern ihr Schweigen dennoch brechen und zur Aufklärung der Tat beitragen könnten, hat sich nicht erfüllt. Als Folge werde der Tod des kleinen Jungen jetzt ungesühnt bleiben, sagte Oberstaats­anwalt Buick. „Und das ist bitter.“

„Und das ist bitter“ANDREAS BUICK, OBERSTAATS­ANWALT

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