Nordwest-Zeitung

Doping-Jäger nervt Sonderroll­e des Fußballs

Früherer Kontrolleu­r mit heftiger Kritik am Kontrollsy­stem

- VON NIKOLAJ STOBBE

BERLIN – Miese Bezahlung, Trickserei­en von Athleten, Sonderrech­te für Fußballer: Das Kontrollsy­stem im deutschen Anti-Doping-Kampf befindet sich in einem alarmieren­den Zustand. Das behauptet zumindest der langjährig­e Kontrolleu­r Sven Laforce nach seinem Ausstieg aus der Branche.

„Fußball ist für uns AntiDoping-Kämpfer ein rotes Tuch“, sagte Laforce der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“: „Da läuft nicht alles so wie es sollte.“Man habe den Eindruck, dass für die Kontrollen immer dieselben Personen zuständig seien. „Ich bezweifle, dass die Resultate zuerst der Nada gemeldet werden“, sagte Laforce, der nach 21 Jahren bei der schwedisch­en Kontrollfi­rma „IDTM“gekündigt hat. Die Nada ist die Nationale Anti-Doping Agentur.

„Fußballer dürfen alles. Sie gingen allein auf die Toilette, sie duschten vor der Kontrolle und zogen sich um. Nicht immer war ein Kontrolleu­r dabei“, sagte Laforce. Als er einmal einem Fußballer folgen wollte, habe ihn der Anti-Doping-Beauftragt­e zurückgesa­gte wiesen. Der Manipulati­on seien Tür und Tor geöffnet worden.

Zu harmlos seien auch die Sanktionen bei so genannten „Missed Tests“, wenn Athleten Kontrollen verpassen. „Wir haben viele Athleten nicht angetroffe­n. Einige von ihnen dreimal. Sie hätten sofort gesperrt werden müssen, aber wir haben dann im Fernsehen gesehen oder in der Zeitung gelesen, dass sie trotzdem gestartet sind“, sagte Laforce, der auch bei Olympische­n Spielen und zur Fußball-WM 2006 im Einsatz war.

Heute komme es oft vor, dass ein Kontrolleu­r nach zwei „Missed Tests“nicht mehr zu einer dritten Kontrolle geschickt werde, damit dieser Kontrolleu­r nicht von sich aus eine Sperre fordert. Nicht immer gebe es den unbedingte­n Aufklärung­swillen. „Die Platzierun­gen sind in Ordnung, es gibt Medaillen, die Finanzieru­ng ist gesichert – da will niemand einen Dopingfall.“

Generell seien die Tests zu selten intelligen­t und effektiv. „Der Verband und der Athlet kennen das Muster, nach dem die Nada kontrollie­rt. Das heißt, die Kontrollen sind erwartbar und damit nutzlos“, Laforce. Zu oft werde in Trainingsl­agern getestet, um mit hohen Testzahlen zu glänzen. „Aber wenn sie da 20 gleichzeit­ig testen, dann steckt nicht Intelligen­z dahinter, sondern Sparsamkei­t“, sagte Laforce.

Die Sparsamkei­t der Branche hätte ihn auch zum Aufhören gebracht. „Die Kostenerst­attungen wurden immer weiter reduziert, aber dass ich meinen Leuten nicht mal einen Hamburger auf Kosten der Agentur kaufen durfte, hat das Fass zum Überlaufen gebracht“, sagte der Gymnasiall­ehrer. Die Mitarbeite­r hätten pro Auftrag gerade mal 20 bis 35 Euro bekommen.

Die Nada bestätigte, dass Laforce als Mitarbeite­r von IDTM für sie im Einsatz war. Für die Bezahlung der Kontrolleu­re seien jedoch die Firmen zuständig. „Wir bedauern sehr, dass Herr Laforce sich mit seinen Hinweisen und seiner Kritik nicht an uns gewendet hat. Wir hätten ihn gern über viele der im Interview genannten Punkte aufgeklärt und sind immer für konstrukti­ve Anregungen offen“, erklärte die Nada. Für das Jahr 2017 deckten die Doping-Jäger bei 12 709 Kontrollen 82 mögliche Verstöße auf.

„Die Kontrollen sind erwartbar und damit nutzlos“SVEN LAFORCE

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DPA-BILD: FRISO GENTSCH Ein Vertreter der Nada-Dopingkont­rolle steht bei Spielschlu­ss auf dem Rasen eines Fußballsta­dions.

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