Doping-Jäger nervt Sonderrolle des Fußballs
Früherer Kontrolleur mit heftiger Kritik am Kontrollsystem
BERLIN – Miese Bezahlung, Tricksereien von Athleten, Sonderrechte für Fußballer: Das Kontrollsystem im deutschen Anti-Doping-Kampf befindet sich in einem alarmierenden Zustand. Das behauptet zumindest der langjährige Kontrolleur Sven Laforce nach seinem Ausstieg aus der Branche.
„Fußball ist für uns AntiDoping-Kämpfer ein rotes Tuch“, sagte Laforce der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Da läuft nicht alles so wie es sollte.“Man habe den Eindruck, dass für die Kontrollen immer dieselben Personen zuständig seien. „Ich bezweifle, dass die Resultate zuerst der Nada gemeldet werden“, sagte Laforce, der nach 21 Jahren bei der schwedischen Kontrollfirma „IDTM“gekündigt hat. Die Nada ist die Nationale Anti-Doping Agentur.
„Fußballer dürfen alles. Sie gingen allein auf die Toilette, sie duschten vor der Kontrolle und zogen sich um. Nicht immer war ein Kontrolleur dabei“, sagte Laforce. Als er einmal einem Fußballer folgen wollte, habe ihn der Anti-Doping-Beauftragte zurückgesagte wiesen. Der Manipulation seien Tür und Tor geöffnet worden.
Zu harmlos seien auch die Sanktionen bei so genannten „Missed Tests“, wenn Athleten Kontrollen verpassen. „Wir haben viele Athleten nicht angetroffen. Einige von ihnen dreimal. Sie hätten sofort gesperrt werden müssen, aber wir haben dann im Fernsehen gesehen oder in der Zeitung gelesen, dass sie trotzdem gestartet sind“, sagte Laforce, der auch bei Olympischen Spielen und zur Fußball-WM 2006 im Einsatz war.
Heute komme es oft vor, dass ein Kontrolleur nach zwei „Missed Tests“nicht mehr zu einer dritten Kontrolle geschickt werde, damit dieser Kontrolleur nicht von sich aus eine Sperre fordert. Nicht immer gebe es den unbedingten Aufklärungswillen. „Die Platzierungen sind in Ordnung, es gibt Medaillen, die Finanzierung ist gesichert – da will niemand einen Dopingfall.“
Generell seien die Tests zu selten intelligent und effektiv. „Der Verband und der Athlet kennen das Muster, nach dem die Nada kontrolliert. Das heißt, die Kontrollen sind erwartbar und damit nutzlos“, Laforce. Zu oft werde in Trainingslagern getestet, um mit hohen Testzahlen zu glänzen. „Aber wenn sie da 20 gleichzeitig testen, dann steckt nicht Intelligenz dahinter, sondern Sparsamkeit“, sagte Laforce.
Die Sparsamkeit der Branche hätte ihn auch zum Aufhören gebracht. „Die Kostenerstattungen wurden immer weiter reduziert, aber dass ich meinen Leuten nicht mal einen Hamburger auf Kosten der Agentur kaufen durfte, hat das Fass zum Überlaufen gebracht“, sagte der Gymnasiallehrer. Die Mitarbeiter hätten pro Auftrag gerade mal 20 bis 35 Euro bekommen.
Die Nada bestätigte, dass Laforce als Mitarbeiter von IDTM für sie im Einsatz war. Für die Bezahlung der Kontrolleure seien jedoch die Firmen zuständig. „Wir bedauern sehr, dass Herr Laforce sich mit seinen Hinweisen und seiner Kritik nicht an uns gewendet hat. Wir hätten ihn gern über viele der im Interview genannten Punkte aufgeklärt und sind immer für konstruktive Anregungen offen“, erklärte die Nada. Für das Jahr 2017 deckten die Doping-Jäger bei 12 709 Kontrollen 82 mögliche Verstöße auf.
„Die Kontrollen sind erwartbar und damit nutzlos“SVEN LAFORCE