Sch Sz’ Plan erntet schnell Kritik
Finanzminister möchte mehr Gerechtigkeit – Starke Unterschiede zwischen &st und West
Entlastungen winken in strukturschwachen, ländlichen Regionen. Bundesweit soll das Aufkommen gleich bleiben.
BERLIN – Sorgt der Bundesfinanzminister für eine Kostenexplosion bei der Grundsteuer? Entsprechende Befürchtungen seien falsch, hieß es am Montag in Berliner Regierungskreisen. Für einzelne Mieter oder Eigentümer in teuren Citylagen könnte die Grundsteuer in einigen Jahren höchstens um einen „mittleren zweistelligen Betrag“pro Jahr steigen.
SPD-Politiker und Vizekanzler Olaf Scholz will die Grundsteuer-Höhe wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert stärker an die Realität auf dem Wohnungsmarkt anpassen und daher nach den Mietniveaus ausrichten. Teurer dürfte es damit in München, Berlin, Hamburg und anderen Städten mit starken Miet- und Preissteigerungen werden. Entlastungen winken in strukturschwachen, ländlichen Regionen. Bundesweit soll das Aufkommen gleich bleiben.
Was die einen mehr bezahlen, sollen die anderen sparen. Unklar ist, ob die Bundesländer Scholz die nötige Unterstützung geben. Bayern kündigte bereits Widerstand an. Eine neue Grundsteuer muss also her: Bis Ende 2019 hat die Politik laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Zeit, ein mit dem Grundgesetz vereinbares Modell zu finden, das dann spätestens 2025 angewendet werden muss. Die Reform will Bundesfinanzminister Scholz nicht für eine Steuererhöhung nutzen. Es werde bei den 14 Milliarden Euro bleiben, die derzeit die Grundsteuer den Kommunen bundesweit einbringt, verlautet aus dem Finanzministerium. Allerdings gibt es Verlierer und Gewinner.
→ DAS MODELL
Scholz zielt darauf ab, den individuellen Wohnwert zur Grundlage der Berechnung zu machen. Um den für ein einzelnes Objekt zu ermitteln, sollen die Eigentümer den Finanzämtern alle sieben Jahre fünf Kennziffern benennen: Nettokaltmiete, Wohnfläche, Baujahr, Grundstücksfläche und Bodenrichtwert. Lebt der Besitzer im eigenen Heim, wird statt der tatsächlichen eine fiktive Nettokaltmiete ermittelt.
→ DIE BERECHNUNG
Am dreistufigen Verfahren möchte Scholz festhalten. Der Wohnwert – eingeteilt in sechs Stufen von sehr billig bis sehr teuer – wird laut seinem Konzept wie bisher mit einer bundesweit einheitlichen Steuermesszahl multipliziert. Darauf wird in einer dritten Stufe der Hebesatz erhoben, den die Kommune festlegt und der sich unterscheidet. Aus dieser Multiplikation mit drei Zahlen ergibt sich die konkrete Steuerhöhe. → POLITIK IM ZUGZWANG
Freiwillig prescht Scholz nicht vor. Das Bundesverfassungsgericht zwingt die Politik, die Grundsteuer komplett zu überarbeiten. Derzeit basiert die Berechnung auf völlig veralteten Werten, was zu Verzerrungen führt. In Westdeutschland gelten noch die für die Grundsteuer-Höhe wichtigen Einheitswerte aus dem Jahr 1964. Dies begünstigt Eigentümer und Mieter in Regionen mit hohen Wertsteigerungen seitdem, da die unzureichend berücksichtigt werden. Umgekehrt werden die Bewohner in strukturschwachen Gebieten eher benachteiligt. Im Urteil von April 2018 erklärten Karlsruher Richter die Praxis in Westdeutschland für verfassungswidrig und verlangten eine Neuregelung bis Ende 2019. Immobilien im Osten waren nicht Gegenstand des Verfahrens. Dort stammen die Einheitswerte aus dem Jahr 1935, sind also noch älter, so dass eine bundesweite Umgestaltung her muss.