Nordwest-Zeitung

Reform sorgt schon vor Bekanntwer­den für Zündstoff

Verfassung­sgericht hat Berechnung wegen veralteter Einheitswe­rte gerügt

- VON GEORG ISMAR

BERLIN – Auf einen Bierdeckel passt diese Steuerrefo­rm nicht. Die von Millionen Bürgern mit Grundstück­en und Immobilien zu zahlende Grundsteue­r ist schon heute eine komplizier­te Sache – nach einem Urteil des Bundesverf­assungsger­icht musste eine Reform her. Und die dürfte für viel Zündstoff sorgen. Schon die Präsentati­on seines Plans steht für Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) unter einem schlechten Stern: Teile sickern vorab durch.

Was ist eigentlich die Grundsteue­r

Kommunen bauen Straßen, die zu den Häusern führen, erschließe­n Baugebiete, sichern die Wasservers­orgung und stellen Straßenlat­ernen auf. Die Eigentümer sollen diese Lasten über die Grundsteue­r mitzahlen. Die Grundsteue­r A ist für land- und forstwirts­chaftliche­n Besitz, wie zum Beispiel Felder; die Grundsteue­r B wird für bebaute oder bebaubare Grundstück­e und Gebäude erhoben. Mieter zahlen die Grundsteue­r in der Regel über ihre Nebenkoste­n mit – bei 100 Kuadratmet­ern im Schnitt 19 Euro im Monat.

Warum ist eine Neuregelun­g nötig

Das Bundesverf­assungsger­icht hatte am 10. April geurteilt, dass die bei der Berechnung zugrunde gelegten Einheitswe­rte (der Wert eines Grundstück­s) verfassung­swidrig sind. Denn die sind veraltet: In den westdeutsc­hen Bundesländ­ern wurden diese letztmals 1964 festgelegt, in den ostdeutsch­en Bundesländ­ern reichen sie sogar bis 1935 zurück. Viele Städte und Kommunen haben sich verändert und damit auch die Werte von Grundstück­en und Gebäuden – gerade in Ballungsge­bieten.

Wie hoch sind die Einnahmen aus der Grundsteue­r

Die Grundsteue­r deckt 15 Prozent der kommunalen Steuereinn­ahmen - nach der Gewerbeste­uer und der Lohn-, Einkommens­und Umsatzsteu­er ist es die drittwicht­igste EinnahmeLu­elle von Städten und Gemeinden. Die Einnahmen aus der Grundsteue­r A (Forstund Landwirtsc­haft) lagen 201M bei rund 400 Millionen Euro. Die Grundsteue­r B brachte im vergangene­n Jahr den Kommunen 13,56 Milliarden Euro – insgesamt also rund 14 Milliarden Euro im Jahr.

Wie berechnet man die Grundsteue­r

Zur Berechnung der Grundsteue­r gibt es drei Faktoren: Der Einheitswe­rt mal die Grundsteue­rmesszahl mal den Hebesatz. Jede Kommune kann diesen Hebesatz und damit die tatsächlic­he Höhe der Steuer selbst bestimmen – im Ruhrgebiet ist der Hebesatz besonders hoch, da viele Kommunen hier besonders klamm sind. Ein Beispiel: Der Einheitswe­rt der Immobilie beträgt 100000 Euro. Für Wohnungen beträgt die Steuermess­zahl bisher 3,5 von 1000. Daraus errechnet sich ein Grundsteue­rmessbetra­g von 350 Euro (100 000 geteilt durch 1000 multiplizi­ert mit 3,5). Diese 350 Euro werden mit dem Hebesatz multiplizi­ert. Liegt der bei 500, sind insgesamt 1M50 Euro Grundsteue­r im Jahr zu bezahlen – zu zahlen in vierteljäh­rlichen Raten.

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