Nordwest-Zeitung

Meh eclhs etd Medizinpro­dukte?

Each den Recherchen eines weltweiten Mediennetz­werks sind die Kontrollen unzureiche­nd

- VON SANDRA TRAUNER

I/plantate standen i/ Fokus. In 14 000 Fällen sei es 2017 in Deutschlan­d zu /öglichen Ko/plikatione­n /it Medizinpro­dukten geko//en.

BERLIN – Nach den „Panama Papers“sorgen nun die „Implant Files“für Aufsehen. Ein weltweites Recherchen­etzwerk hat sich Zulassung, Kontrolle und Fehlermana­gement von Medizinpro­dukten angesehen. Das Ergebnis schlug am Montag hohe Wellen. Die wichtigste­n Fragen und Antworten zum Thema:

Was hat das Netzwerk recherchie­rt

An den „Implant Files“waren 60 Medien beteiligt, darunter in Deutschlan­d NDR, WDR und „Süddeutsch­e Zeitung“. Sie haben nach eigenen Angaben eineinhalb Jahre recherchie­rt, in 36 Ländern Anfragen eingereich­t, Tausende Akten gesichtet und mit Hunderten Patienten und Experten gesprochen.

Was haben sie herausgefu­nden Der Kernvorwur­f: Im Gegen- satz zu Arzneimitt­eln, die vor der Zulassung genauesten­s geprüft werden, würden Medizinpro­dukte nicht von staatliche­n Stellen kontrollie­rt und Probleme nicht systematis­ch erfasst. Das System sei „manipulier­bar, fehlerhaft und verantwort­lich für ungezählte Tote“, schreibt die „Süddeutsch­e Zeitung“.

Um welche Produkte geht es

Im weitesten Sinne um Medizinpro­dukte – also alles, womit Kranke behandelt werden, ohne dass es Arzneimitt­el sind, vom Rollstuhl bis zum Pflaster. Im engeren Sinne geht es um Implantate – also Produkte, die dauerhaft in den Körper eingesetzt werden, wie Herzkathet­er, Kniegelenk­e oder Insulinpum­pen. Die Medizinpro­dukte sind in vier Risikogrup­pen aufgeteilt – vom geringen Risiko (Thermomete­r) bis zum sehr hohen Risiko (Brustimpla­ntat).

Wie läuft das Prüfverfah­ren ab

Ein Medizinpro­dukt muss laut Bundesinst­itut für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte (BfArM) kein behördlich­es Zulassungs­verfahren durchlaufe­n. Der Hersteller muss nur nachweisen, „dass sein Produkt sicher ist und die technische­n und medizinisc­hen Leistungen auch so erfüllt, wie sie von ihm beschriebe­n werden“. Teil des Bewertungs­verfahrens sei aber „immer eine klinische Bewertung, in bestimmten Fällen auch eine eigene klinische Prüfung“. Wie oft kommt es zu Komplikati­onen

In Deutschlan­d seien im vergangene­n Jahr 14 000 Fälle gemeldet worden, bei denen es zu Verletzung­en, Todesfälle­n oder anderen Problemen gekommen sei, die im Zusammenha­ng mit Medizinpro­dukten stehen könnten, steht in den „Implant Files“. Das BfArM berichtete 2016 von 12 000 Fällen.

Was sagen die Hersteller „Das regulatori­sche System für Medizinpro­dukte enthält damit gleich hohe, teilweise höhere Anforderun­gen als an Arzneimitt­el“, teilt der Bundesverb­and Medizintec­hnologie mit. Der größte deutsche Hersteller Medtronic schreibt auf seiner Homepage: „Unsere Produkte unterliege­n auch umfangreic­hen Tests, Bewertunge­n und Freigaben oder der Zulassung durch die jeweiligen Aufsichtsb­ehörden.“ Wie reagiert die Politik „Das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium nimmt diese Berichte sehr ernst“, hieß es am Montag bei der Bundespres­sekonferen­z. Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) sagte der „Rheinische­n Post“ (Dienstag), das BfArM habe bei Problemen mit einem Medizinpro­dukt keinen Gesamtüber­blick über vergleichb­are Fälle und auch keine Chance, Patienten gezielt zu warnen: „Das wollen wir ändern.“

Was soll geschehen Laut Gesundheit­sministeri­um wird eine industrieu­nabhängige Stelle aufgebaut, bei der alle verbauten Implantate gemeldet werden müssen. Außerdem plant der Bund seit Längerem ein staatliche­s Register, um die Qualität von Brustimpla­ntaten, Herzklappe­n und Herzschrit­tmachern zu ermitteln. Das Register soll zeigen, wie lange Implantate halten – anhand von Daten zu Implantati­onen und FolgeOPs für Korrekture­n, die Kliniken, Krankenkas­sen und Hersteller verpflicht­end liefern sollen.

Führen soll es das Deutsche Institut für Medizinisc­he Dokumentat­ion und Informatio­n (Dimdi). Ab Mai 2020 muss auch eine neue Europäisch­e Medizinpro­dukte-Verordnung umgesetzt werden. Darin gelten unter anderem höhere Anforderun­g an die Zertifizie­rungsstell­en; Hochrisiko­produkte müssen bei der klinischen Bewertung von internatio­nalen Experten beurteilt werden.

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DPA-BILD: HOPPE Ein Arzt operiert einen Patienten am Knie.

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