„Game over“für Cebit in Hannover
Warum die einst weltgrößte Computerschau nach mehr als 30 Jahren eingestellt wird
Wie nötig ist eine Digitalmesse, wenn Digitalisierung so gut wie alle Branchen prägt? Die Macher ziehen daher jetzt die Reißleine.
HANNOVER – Nach über 30 Jahren ist die Cebit Geschichte: Die einst weltgrößte Computerschau wird eingestellt. Rückläufige Buchungen für 2019 erhöhten zuletzt den Druck auf die Deutsche Messe AG. Die deutsche Wirtschaft habe in den vergangenen Jahren immer wieder thematische Überschneidungen der Cebit und der weitaus größeren Hannover Messe beklagt, sagte Deutsche-Messe-Vorstandschef Jochen Köckler.
Darüber hinaus ist Digitalisierung der Megatrend der meisten Branchen – und damit der meisten Messen. Eine Messe wie die Cebit stoße daher auf sinkende Nachfrage. Der Metallarbeitgeberverband Niedersachsenmetall sprach von einem „Schlag ins Kontor“, der Branchenverband Bitkom bedauerte die Entscheidung.
Wie geht es weiter? Die „industrienahen Digitalthemen“sollen in die Hannover Messe, die weltgrößte Industriemesse, eingebunden werden. Und der Rest? Dafür sind nach Veranstalterangaben Fachveranstaltungen geplant, die sich „gezielt an Entscheider ausgewählter Branchen“richten sollen.
Dabei hatten die Organisatoren im Sommer noch vergeblich versucht, die Cebit als „Europas führendes DigitalEvent“neu zu positionieren. Insgesamt lockte die Cebit in neuem Gewand aber nur 120 000 Menschen aufs Messegelände – noch einmal deutlich weniger als 2017 mit 200000 Besuchern. Dennoch zogen die Cebit-Macher noch ein positives Fazit für ihr neues Konzept: Erstmals war die Messe in runderneuertem Gewand mit Festival-Charakter an den Start gegangen. Messe-Vorstand Oliver Frese sagte damals, alle Ziele seien erreicht worden.
Zu besten Zeiten um die Jahrtausendwende hatte die Messe noch bis zu 800 000 Besucher gezählt, dann ging die Kurve kontinuierlich nach unten. Ein Grund dafür: Die Cebit wollte sich zu den Hoch-Zeiten des Personal Computers immer wieder von den als „Beutelratten“verschmähten Privatbesuchern trennen und speziell auf Business-Kunden ausrichten. Unterhaltungselektronik wie Spielekonsolen war nicht mehr gern gesehen. Und nicht zuletzt zog auch die stetig wachsende Mobilfunkmesse Mobile World Congress nach ihrem Umzug nach Barcelona immer mehr Stammkunden aus der TelekommunikationsBranche aus Hannover ab.
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bedauert den Niedergang. „Ein wichtiges Kapitel der Messen in Hannover geht zu Ende, und das ist sehr schade. Der digitale Wandel findet inzwischen überall statt, auch auf allen anderen Messen. Die Cebit ist insofern ein Opfer des eigenen Erfolges“, sagte Niedersachsens Regierungschef. Die IHK Niedersachsen sprach von einer „bitteren Entscheidung für den Technologiestandort Niedersachsen“. Volker Müller, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen, nannte das Messe-Aus ein „fatales Signal für den Standort Deutschland“.