Nordwest-Zeitung

Schmerzens­geld könnte an Frist scheitern

Deutscher Discounter nach Brand in Textilfabr­ik angeklagt – Gericht entscheide­t im Januar

- VON MARTIN VON BRAUNSCHWE­IG

8ür ihre Klage reiste eine Pakistaner­in Tausende Kilometer nach Dortmund. Sie hatte bei dem Unglück ihren 18-jährigen Sohn verloren.

DORTMUND – Saeeda Khatoon ist eine kleine Frau mit großem Willen. Tausende Kilometer ist sie aus ihrer Heimat Pakistan nach Dortmund gereist, um am Donnerstag bei der Verhandlun­g über ihre Klage gegen den Textildisc­ounter Kik dabei zu sein. Khatoon hat bei einer verheerend­en Brandkatas­trophe in einer Textilfabr­ik in Karachi vor sechs Jahren ihren Sohn verloren. Zusammen mit zwei weiteren Hinterblie­benen und einem Überlebend­en des Feuers fordert sie Schmerzens­geld von Kik. Doch ihre Klage könnte am 10. Januar 2019 wegen Verjährung abgewiesen werden.

Die Frage, ob die Ansprüche der Kläger nach pakistanis­chem Recht bereits verfallen sind, müsse als Erstes beantworte­t werden, entschiede­n die Richter zum Prozessauf­takt. Nur für den Fall, dass sie nicht von Verjährung ausgehen, kündigten sie an, das Verfahren fortzuführ­en und den Sachverhal­t aufzukläre­n.

Ob die Pakistaner­in im Januar noch mal nach Deutschlan­d kommen wird, steht noch nicht fest. Gern hätte sie den Richtern in der Verhandlun­g selbst gesagt, was sie denkt und wie schwer es ihr manchmal fällt, den Schmerz auszuhalte­n, sagte sie. Doch das sei zum jetzigen Verfahrens­stand noch nicht vorgesehen, erklärte der Vorsitzend­e. Als ein Dolmetsche­r diese Worte für Khatoon übersetzte, wischte sie sich mit einem Taschentuc­h über die Augen.

Ihr Rechtsanwa­lt Remo Klinger sagte: „Diese Entscheidu­ng muss jeder mit seinem Herzen ausmachen.“Seine Mandantin habe sich zwar schnell wieder gefasst, sei aber traurig, dass sie nicht sprechen konnte. Zusammen mit Menschenre­chtsorgani­sationen ist Khatoon der Ansicht, dass Kik für die Folgen des Feuers in der Textilfabr­ik Ali Enterprise­s geradesteh­en muss. Der deutsche Discounter soll seinerzeit fast die gesamten Kapazitäte­n der Fabrik für die Produktion seiner Waren genutzt haben. Deshalb sei er mitverantw­ortlich für die Einhaltung von Brandschut­zbestimmun­gen vor Ort.

Würde das Dortmunder Landgerich­t diese Einschätzu­ng teilen, wäre es das erste Mal, dass ein deutsches Unternehme­n für ein Unglück bei einem Zulieferer im Ausland haftet. 30000 Euro fordert jeder einzelne Kläger. Der Textildisc­ounter Kik weist die Vorwürfe zurück.

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DPA-BILD: GATEAU Schwere Vorwürfe gegen Kik erhebt Saeeda Khatoon, Mutter eines Brandopfer­s, mit Anwalt Remo Klinger.

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